Seit dem 1. Januar 2022 beträgt der gesetzliche Mindestlohn für alle Arbeitnehmer:innen in Deutschland 9,82 Euro brutto pro Stunde. Zum 1. Juli 2022 steigt der Mindestlohn nochmals auf 10,45 Euro pro Stunde.

Am 23. Februar 2022 hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, wonach der Mindestlohn zum 1. Oktober 2022 auf 12,00 Euro steigen soll.

Dementsprechend soll auch die Verdienstgrenze bei Minijobs von bisher 450,00 Euro auf zukünftig 520,00 Euro pro Monat angehoben werden.

Auch die Verdienstgrenzen bei Midijobs soll angehoben werden: von bisher 1.300,00 Euro auf zukünftig 1.600,00 Euro.

Einen direkten Anspruch auf Homeoffice soll es zwar weiterhin nicht geben. Die Ampel-Koalition greift jedoch auch dieses Thema auf und möchte die Rechte der Arbeitnehmer:innen insoweit stärken. Arbeitnehmer:innen, deren Tätigkeiten sich dafür eignen, sollen einen Anspruch darauf haben, über ihren Wunsch nach mobiler Arbeit und der Arbeit im Homeoffice mit dem Arbeitgeber / der Arbeitgeberin zu sprechen. Geplant ist also ein sog. „Erörterungsanspruch“. Widersprechen können Arbeitgeber:innen dem Wunsch nach Homeoffice nach dem Koalitionsvertrag nur dann, wenn betriebliche Belange entgegenstehen. Insbesondere dürfe die Ablehnung nicht „willkürlich oder sachfremd“ sein.

Außerdem strebt die Ampel an, dass mobiles Arbeiten EU-weit ohne Hindernisse möglich ist.

Die Steuererleichterung im Zusammenhang mit der Arbeit im Homeoffice wird für Arbeitnehmer:innen bis zum 31. Dezember 2022 verlängert werden.

Im Grundsatz soll der Acht-Stunden-Tag, wie er derzeit im Arbeitszeitgesetz vorgesehen ist, der Standard bleiben. Allerdings sollen Gewerkschaften und Arbeitgeber:innen flexible Arbeitszeitmodelle mit Unterstützung der Regierung ermöglichen. Für 2022 ist zunächst eine befristete Übergangsregelung geplant, nach der Arbeitnehmer:innen auf Grundlage einer tarifvertraglichen Regelung unter bestimmten Voraussetzungen und unter Einhaltung bestimmter Fristen die Möglichkeit haben sollen, ihre Arbeitszeit flexibler zu gestalten. Dies deutet darauf hin, dass auch von der täglichen Höchstarbeitszeit abgewichen werden kann.

Die Ampel-Koalition plant außerdem, die Umsetzung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vom 14. Mai 2019 anzugehen. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass die Erfassung der Arbeitszeit in den Mitgliedsstaaten durch ein objektives, verlässliches und zugängliches System erfolgen muss. Die Ampel lässt in ihrem Koalitionsvertrag offen, wie genau sie diese Rechtsprechung umsetzen möchte. Festgehalten wurde jedoch, dass Vertrauensarbeitszeit auch in Zukunft möglich sein soll.

Es soll möglich bleiben, Arbeitsverträge auch ohne Sachgrund zu befristen.

Arbeitsverträge bei demselben Arbeitgeber / derselben Arbeitgeberin, die mit einen Sachgrund befristet wurden, sollen auf maximal sechs Jahre begrenzt werden. Diese Frist darf nur in Ausnahmefällen überschritten werden. Wann ein solcher Ausnahmefall vorliegt, lässt der Koalitionsvertrag noch offen. Vermieden werden sollen damit sog. Kettenbefristungen.

Im Öffentlichen Dienst wird außerdem die nur dort bestehende Möglichkeit der Haushaltsbefristung abgeschafft.

Die Tarifautonomie, die Tarifpartner und die Tarifbindung sollen gestärkt werden. Dafür plant die Ampel-Koalition unter anderem, dass öffentliche Aufträge des Bundes nur noch an Unternehmen vergeben werden, die an die Einhaltung eines repräsentativen Tarifvertrages der jeweiligen Branche gebunden sind.

Verhindert werden soll eine Flucht aus Tarifverträgen. Versucht ein Unternehmen, ohne Eigentümerwechsel Betriebe auszugliedern, um sich aus der Tarifbindung zu ziehen, soll es weiterhin dem ursprünglich geltenden Tarifvertrag unterliegen.

Im Bereich der betrieblichen Mitbestimmung plant die Ampel mehr Digitalisierung. In einem Pilotprojekt sollen Online-Betriebsratswahlen durchgeführt werden. Da die Legislaturperiode im September 2025 endet und die Betriebsratswahlen im Frühjahr 2022 und danach erst wieder 2026 stattfinden, ist davon auszugehen, dass dieses Projekt sehr zeitnah noch für die Wahlen im Jahr 2022 umgesetzt wird.

In der Corona-Pandemie hatte das Bundeskabinett bereits den § 129 Betriebsverfassungsgesetz eingeführt. Danach war es befristet bis Ende Juni 2021 möglich, Sitzungen des Betriebsrates und Betriebsversammlungen virtuell durchzuführen. Diese Option sollen Betriebsräte nun dauerhaft erhalten: Sie sollen „selbstbestimmt entscheiden, ob sie analog oder digital arbeiten“.

Immer wieder fallen Unternehmen damit auf, dass sie die Gründung von Betriebsräten in ihren Betrieben verhindern wollen. Ein aktuelles Beispiel ist der Fall des Startups Gorillas in Berlin.

Die Ampel reagiert darauf und plant, die Behinderung der betrieblichen Mitbestimmung künftig als Offizialdelikt einzustufen. Dies bedeutet, dass dieses Delikt von der Staatsanwaltschaft von Amts wegen verfolgt wird.

Die Ampel-Koalition plant keine Änderungen in Bezug auf die Möglichkeiten von Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassung, sondern erkennt sie als „notwendige Instrumente“ an. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass sich aus den anstehenden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zum Gleichstellungsgrundsatz und zur Überlassungshöchstdauer ein Anpassungsbedarf ergeben könnte.

Die Ampel möchte außerdem den Schutz von Arbeitnehmer:innen bei grenzüberschreitenden Entsendungen verbessern und bürokratische Hürden abbauen. Saisonbeschäftigte sollen ab dem ersten Tag ihres Einsatzes den vollen Krankenversicherungsschutz erhalten.

Die sog. Kinderkranktage werden pro Kind und Elternteil auf 15 Tage und für Alleinerziehende auf 30 Tage erhöht. Der elternzeitbedingte Kündigungsschutz soll um drei Monate nach Rückkehr in den Beruf verlängert werden.

Nach der Geburt eines Kindes soll zudem zeitweise parallel zum Mutterschutz dem Partner die Möglichkeit zu einer zweiwöchigen vergüteten Freistellung gegeben werden.

Die Partnermonate beim Basis-Elterngeld werden um einen Monat erweitert, auch für Alleinerziehende.

Außerdem soll der Elterngeldanspruch von Pflegeeltern, Selbstständigen und Eltern, deren Kinder vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren werden, ausgeweitet werden.

In Anlehnung an das Kurzarbeitergeld soll es künftig ein Qualifizierungsgeld geben, mit welchem die Bundesagentur für Arbeit vom Strukturwandel betroffene Unternehmen die Qualifizierung von Beschäftigen ermöglichen kann, um diese im Unternehmen zu halten und Fachkräfte zu sichern. Voraussetzung hierfür soll eine Betriebsvereinbarung sein.

Die berufliche Aus- und Weiterbildung soll ausgebaut werden, insbesondere sollen verstärkt Möglichkeiten geschaffen werden, um diese in Teilzeit zu absolvieren. Mit der Einführung einer „Bildungs(teil)zeit“ nach österreichischem Vorbild soll für Arbeitnehmer:innen die Vereinbarkeit von Beruf und beruflicher Weiterbildung erleichtert werden. Dafür soll Beschäftigten eine finanzielle Unterstützung für arbeitsmarktbezogene Weiterbildung gewährt werden. Voraussetzung hierfür ist stets eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber:innen und Beschäftigten.