Arbeitnehmerüberlassung
Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeit, Zeitarbeit – Wichtige Fragen im Überblick
Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeit, Zeitarbeit – Wichtige Fragen im Überblick
Zeitarbeit, Leiharbeit oder Arbeitnehmerüberlassung bedeutet, dass ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber einem anderen Unternehmen für eine begrenzte Zeit gegen Entgelt überlassen wird. Der Arbeitgeber wird dabei zum Verleiher, der Dritte zum Entleiher.
Bei der Arbeitnehmerüberlassung gibt es drei Rechtsverhältnisse:
1. Zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer
Zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer muss ein Leiharbeitsvertrag geschlossen werden, der den Leiharbeitnehmer dazu verpflichtet, seine Arbeitsleistung bei einem Dritten (dem Entleiher) zu erbringen. Zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher entsteht dabei aber kein Arbeitsverhältnis. Es werden nur teilweise Befugnisse auf den Entleiher übertragen (insbesondere die Befugnis, den Leiharbeiter nach seinen Weisungen einzusetzen).
Entscheidend ist hierbei vor Allem, dass der Mitarbeiter dem Einsatz für einen anderen Arbeitgeber ausdrücklich zustimmen muss. In § 11 AÜG sind weitere Verpflichtungen vorgesehen.
2. Zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer
Hier besteht grundsätzlich kein Arbeitsverhältnis. Dennoch geht das Direktionsrecht des Entleihers dem des Verleihers vor – obwohl der Verleiher Arbeitgeber bleibt. Wenn der Leiharbeitnehmer bei Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben einen Schaden verursacht, haftet er dafür gegenüber dem Entleiher auf Schadensersatz.
3. Zwischen dem Verleiher und dem Entleiher
Verleiher und Entleiher schließen einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, dessen Inhalt durch das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz geregelt wird. Der Vertrag muss schriftlich geschlossen werden, § 12 Abs. 1 Satz 1 AÜG. Er muss ausdrücklich als „Arbeitnehmerüberlassungsvertrag“ bezeichnet werden. Der Arbeitnehmer, der verliehen wird, muss namentlich benannt werden – und zwar bevor er die Tätigkeit aufnimmt. Dies ergibt sich aus § 1 Abs. 1 S. 5 und 6, § 12 AÜG. In dem Vertrag muss außerdem angegeben werden, dass der Verleiher über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt.
1. Höchstdauer
Die Arbeitnehmerüberlassung ist dem. § 1 Abs 1b AÜG nur noch bis zu einer Höchstdauer von 18 Monaten zulässig. Der Verleiher darf ein- und denselben Arbeitnehmer daher nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate für denselben Entleiher tätig werden lassen.
Eine längere Höchstdauer kann nur durch Tarifvertrag vereinbart werden – dieser muss aber immer eine maximale Verleihdauer vorsehen.
2. Erlaubnispflicht
Wer als Unternehmen selbst Arbeitskräfte verleihen möchte, braucht hierfür nach §§ 1, 17 AÜG eine Erlaubnis der Arbeitsagentur. Zuständig ist dabei die Arbeitsagentur an dem Ort, an dem sich der Firmensitz des Verleihunternehmens befindet.
Achtung: Im Baugewerbe ist die Arbeitnehmerüberlassung weitgehend eingeschränkt, § 1b AÜG. Eine Ausnahme gilt im Rahmen der sogenannten „Kollegenhilfe“. Das heißt, dass der Verleiher selbst überwiegend eigene Bauleistungen anbieten muss. Eine reine Zeitarbeitsfirma oder ein branchenfremdes Unternehmen darf daher keine Arbeitnehmer an ein Bauunternehmen verleihen. Der Verleiher muss vielmehr seit mindestens drei Jahren von denselben Rahmen- und Sozialkassentarifvertragen erfasst wird wie der Entleiher. Die Kollegenhilfe ist auch für Betriebe des Baugewerbes möglich, die ihren Geschäftssitz in einem anderen Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums haben.
Ohne Erlaubnis ist die Arbeitnehmerüberlassung nur in Ausnahmefällen zulässig, beispielsweise wenn dies in einem Tarifvertrag vorgesehen ist oder in Fällen einer konzerninternen Überlassung.
3. Gleichstellungsgebot – „equal treatment“ und „equal pay“
Nach dem Gleichstellungsgebot muss der Verleiher dem Arbeitnehmer die wesentlich gleichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts gewähren, wie den vergleichbaren Arbeitnehmern des Entleihers. Dies muss sich auch aus dem Vertrag mit dem Entleiher ergeben. Sonst ist dieser gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 AÜG unwirksam und die Arbeitsagentur berechtigt, die Erlaubnis zurückzunehmen oder zu widerrufen. Für jeden Überlassungszeitraum müssen daher die Entgelte verglichen werden. Hiervon kann unter bestimmten Voraussetzungen durch Anwendung der Leiharbeitstarifverträge abgewichen werden, § 8 AÜG.
Bei einem Verstoß gegen den Gleichstellungsgrundsatz kann der Leiharbeitnehmer gemäß § 8 Abs. 1 AÜG die im Entleiher Betrieb geltenden Arbeitsbedingungen vom Verleiher – seinem Arbeitgeber – verlangen.
Der Gleichstellungsgrundsatz gilt nicht während der verleihfreien Zeit.
Außerdem kann in begrenzten Fällen durch Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abgewichen werden – grundsätzlich allerdings nur während der ersten neun Monate einer Überlassung.
Im Falle der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung ist der zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher geschlossene Arbeitsvertrag grundsätzlich gemäß § 9 AÜG unwirksam. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher kann nur noch rückabgewickelt werden.
Vielmehr wird gemäß § 10 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Zeitarbeitnehmer fiktiv begründet. Diese Fiktion tritt unabhängig vom Willen oder von der Kenntnis der Beteiligten ein, z.B. auch bei einem Scheinvertrag. Der Entleiher hat die Leiharbeitnehmer so zu behandeln, als hätten sie einen Arbeitsvertrag mit ihnen. Dazu gehören die Bezahlung im Krankheitsfall, Kündigungsschutz, Urlaubsansprüche und Sozialversicherungspflichten, teilweise auch für die Vergangenheit. Sowohl der Verleiher als auch der Entleiher können für daraus resultierende finanzielle Ansprüche zur Rechenschaft gezogen werden.
Es besteht auch die Gefahr von Geldbußen bis zu 30.000 EUR nach § 16 AÜG und einer möglichen Straftat nach § 266a StGB.
Die Abgrenzung ist mitunter schwer zu treffen. Bei der Arbeitnehmerüberlassung werden dem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt, die er in seinem eigenen Betrieb nach seinen eigenen Vorstellungen wie eigene Arbeitnehmer einsetzt. Leiharbeiter sind typischerweise auch in die Urlaubs- und Krankheitsplanung des Entleihers eingebunden und benutzen die von diesem gestellten Arbeitsmittel. Beim Werk- oder Dienstvertrag wird der Arbeitgeber für seinen Vertragspartner tätig – oft notwendigerweise auf dessen Grundstück oder auf dessen Baustelle. Er setzt seine Arbeitnehmer zur Erfüllung seiner Aufgaben gegenüber dem Dritten ein und haftet für diese in der Regel als „Erfüllungsgehilfen“. Der Arbeitnehmer bleibt aber vollständig in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert und unterliegt nicht den persönlichen Weisungen des Auftraggebers.
Auch Leiharbeitnehmern kann wie normalen Arbeitnehmern ordentlich oder außerordentlich gekündigt werden. Das Kündigungsschutzgesetzes ist anwendbar. Wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers beim Entleiher endet ohne dass er wieder bei anderen Entleihern oder im Betrieb des Verleihers auf absehbare Zeit eingesetzt werden kann, kann ein betriebsbedingter Kündigungsgrund entstehen. Allein der Hinweis des Verleihers darauf, dass ein Auftrag des Entleihers ausläuft und kein Anschlussauftrag besteht, reicht allerdings für gewöhnlich nicht aus.
Häufig ist in den Arbeitnehmerüberlassungsverträgen eine Vermittlungsprovision für den Fall vorgesehen, dass der Entleiher den Leiharbeitnehmer nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum Verleiher als eigenen Arbeitnehmer übernimmt. Eine solche Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist grundsätzlich zulässig. Die Höhe der Vermittlungsprovision muss allerdings nach der Dauer des vorangegangenen Verleihs gestaffelt sein. Die Vereinbarung einer Vermittlungsprovision darf nicht dazu führen, dass dem Entleiher de facto untersagt wird, den Leiharbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Verleiher einzustellen. Derartige Abreden sind untersagt und führen nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 und 4 AÜG zur Unwirksamkeit des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages.
Der Betriebsrat des Verleiher Betriebs ist immer dann zuständig, wenn die Rechte des Betriebsrats ein Arbeitsverhältnis voraussetzen. Im Übrigen gelten Betriebsvereinbarungen im Betrieb des Verleihers grundsätzlich auch für die im bei dem Entleiher eingesetzten Leiharbeitnehmer.
Dem Betriebsrat des Entleihers stehen insbesondere solche Rechte zu, die sich unmittelbar auf die Arbeitsleistung beziehen und deren Geltendmachung gegenüber dem Verleiher umständlich und in manchen Fällen sogar zwecklos wäre. Setzt das BetrVG eine Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb voraus oder kann der Entleiher aufgrund seines Direktionsrechts Maßnahmen gegenüber Leiharbeitnehmern anordnen, ist daher der Betriebsrat des Entleihers zuständig.
MAYR Kanzlei für Arbeitsrecht stellt diesen Themenbeitrag als Orientierungshilfe zur Verfügung. Für eine individuelle Beratung sollte grundsätzlich Rat bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht eingeholt werden. Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass wir deshalb keine Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit dieses Beitrages übernehmen können.