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Arbeitnehmerin bringt kranke Kinder mit zur Arbeit: Fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt

Montag, 30.09.2019

Eine Arbeitnehmerin, die ihre erkrankten und betreuungsbedürftigen Kinder mit zur Arbeit bringt, verletzt ihre arbeitsvertraglichen Pflichten. Trotzdem kann ihr allein deswegen nicht fristlos gekündigt werden.

So entschied kürzlich das Arbeitsgericht Siegburg.

Arbeitnehmerin bringt kranke Kinder mit zur Arbeit

kranke KinderDie Arbeitnehmerin war als Altenpflegefachkraft (in Probezeit) beschäftigt. Als ihre Kinder erkrankten und der behandelnde Arzt ihre Betreuungsbedürftigkeit feststellte, ging die Arbeitnehmerin weiterhin zur Arbeit, nahm ihre Kinder aber zeitweise mit. Außerdem erkrankte sie selbst wenig später, weshalb sie der Arbeitgeberin mittels SMS mitteilte, dass sie einen Arzttermin vereinbaren müsse. Der Arzt diagnostizierte einen Grippeverdacht.

Kurz darauf kündigte die Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin fristlos. Ihr sei es u.a. verboten gewesen, ihre Kinder mit zur Arbeit zu bringen. Die Arbeitnehmerin wehrte sich mittels Kündigungsschutzklage. Ihrer Ansicht nach sei die gesetzliche Kündigungsfrist einzuhalten.

Fristlose Kündigung ist nicht gerechtfertigt

Die Richter urteilten, dass die fristlose Kündigung durch die Arbeitgeberin nicht gerechtfertigt sei. Zwar habe die Arbeitnehmerin gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen, indem sie ihre Kinder mit zur Arbeit gebracht habe; dies sei insbesondere wegen der Ansteckungsgefahr für die älteren Patienten problematisch gewesen. Trotzdem sei kein Grund für eine fristlose Kündigung gegeben. Insbesondere bestünde vorrangig die Möglichkeit einer Abmahnung.

Dementsprechend habe das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist (hier wegen der Probezeit 2-wöchige Kündigungsfrist) geendet.

Fazit

Es ist keineswegs zu empfehlen, erkrankte und betreuungsbedürftige Kinder mit zur Arbeit zu bringen. Zwar rechtfertigt dies nicht ohne Weiteres eine fristlose Kündigung – dennoch kann wegen des Verstoßes gegen arbeitsrechtliche Pflichten eine Abmahnung oder eine fristgemäße Kündigung in Betracht kommen. Ob die Richter des Arbeitsgerichts Siegburg auch letzteres für zulässig hielten, geht aus der Pressemitteilung nicht eindeutig hervor.

Gegen die Entscheidung kann Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.

Arbeitsgericht Siegburg – Aktenzeichen 3 Ca 642/19 vom 04.09.2019

Diese Rechte haben Arbeitnehmer, wenn ihre Kinder krank sind

Nach Maßgabe des § 45 SGB V kann bei der Pflege von erkrankten Kindern unter Umständen ein Krankengeldanspruch bestehen. Voraussetzung ist unter anderem,

  • dass die Pflege des Kindes laut ärztlicher Bescheinigung erforderlich ist,  
  • eine andere im gleichen Haushalt lebende Person das Kind nicht pflegen kann
  • und das Kind unter 12 Jahren alt ist.

Liegen alle Voraussetzungen vor, so hat der Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeit. Daneben besteht dann der Krankengeldanspruch gegen die Krankenkasse.