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Kündigung wegen vieler Einzelverstöße unwirksam ohne Abmahnung

Montag, 11.03.2019

Bevor der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer wegen pflichtwidrigen Verhaltens kündigen kann, ist grundsätzlich eine Abmahnung erforderlich. Dies ist auch bei vielen Einzelverstößen des Arbeitsnehmers der Fall, die jeweils alleine eine Kündigung nicht rechtfertigen können. Die Einzelverstöße summieren sich nicht zu einem Gesamtverstoß von so erheblichem Ausmaß, dass eine Abmahnung entbehrlich wäre.

So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln mit Urteil vom 06.09.2018.

Zum Hintergrund: Abmahnung als Warnung für den Arbeitnehmer

EinzelverstößeEine Kündigung ist das letzte Mittel (ultima ratio), wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Liegt der Grund dafür im Verhalten des Arbeitnehmers, hat ihm der Arbeitgeber in der Regel zunächst in einer Abmahnung sein Fehlverhalten aufzuzeigen, es zu rügen und auf die Möglichkeit einer Kündigung im Fall eines erneuten Verstoßes hinzuweisen. Dadurch sollen die Pflichtverletzungen dokumentiert und der Arbeitnehmer gewarnt werden. So hat er die Chance, sein Verhalten zukünftig zu ändern.

Zum Sachverhalt: Einzelverstöße führen zur fristlosen Kündigung

Im konkreten Fall ist der Arbeitnehmer bei einem Dienstleistungsunternehmen ohne feste Arbeitszeiten beschäftigt (sog. Vertrauensarbeitszeit). In mehreren Fällen verletzte er seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis: Er sagte wiederholt Meetings erst kurzfristig krankheitsbedingt ab, ignorierte Anweisungen und ging einer Nebentätigkeit ohne Genehmigung nach. Dafür wurde er nur teilweise abgemahnt.

Schließlich kündigte die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer fristlos. Durch die vielen kleineren Pflichtverletzungen bestehe insgesamt eine Situation, die es ihr unzumutbar mache, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Dagegen wehrte sich der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht. Dieses stellte fest, dass die Kündigung unwirksam sei. Auch das LAG Köln bestätigte die Entscheidung nun.

Zur Entscheidung: Kündigung unwirksam

Laut LAG ist die Kündigung als unverhältnismäßig und somit als unwirksam anzusehen. Für eine fristlose Kündigung fehle es an einem wichtigen Grund und für eine ordentliche Kündigung an einer sozialen Rechtfertigung.

Der Arbeitgeber habe nämlich sämtliche Pflichtverstöße abmahnen müssen. Das ändere sich auch nicht dadurch, dass der Arbeitnehmer mehrfach Pflichten auf unterschiedliche Weise verletzt habe.

Viele Einzelverstöße könnten nicht zu einem erheblichen Gesamtverstoß addiert werden, der eine Abmahnung entbehrlich mache. Vielmehr habe die Abmahnung eine Dokumentationsfunktion, die dem Arbeitnehmer gerade signalisieren solle, dass es so wie bisher nicht weitergehe. Ohne ein entsprechendes Signal könne der Arbeitnehmer nicht wissen, wann ihm eine Kündigung drohe.

Fazit

Zwar kann eine Abmahnung bei einem erheblichen Verstoß entbehrlich sein, wenn das Vertrauensverhältnis schwer erschüttert wird. Jedoch können viele kleinere Verstöße nicht zu einem erheblichen Gesamtverstoß addiert werden, der eine Abmahnung des Arbeitgebers verzichtbar macht. So würde letztendlich die Warnfunktion der Abmahnung unterlaufen.

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 06.09.2018 – Az.: 6 Sa 64/18