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Fristlose Kündigung wegen islamfeindlichen Facebook-Beitrags unwirksam

Montag, 16.09.2019

Veröffentlicht ein Angestellter im öffentlichen Dienst einen islamfeindlichen Facebook-Beitrag, kann ihm deshalb nicht fristlos gekündigt werden. Das gilt selbst dann, wenn er in sicherheitsrelevanten Bereichen tätig ist.

So hat es das Bundesarbeitsgericht (BAG) kürzlich für einen Fall aus Thüringen entschieden.

Wann kann wegen Beiträgen bei Facebook gekündigt werden?

Beiträge in sozialen Netzwerken sind grundsätzlich private Angelegenheiten der Arbeitnehmer. Wie auch sonstige Äußerungen, die nicht in Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen, gehen diese den Arbeitgeber grundsätzlich nichts an. Aus diesem Grund können Beiträge in sozialen Netzwerken auch nur ausnahmsweise eine Abmahnung oder Kündigung rechtfertigen.

Wann dies der Fall ist, hängt unter anderem von diesen Umständen ab:

  • Welchen Inhalt hat die Äußerung? Äußerungen, die einen Straftatbestand erfüllen, (Volksverhetzung, Beleidigungen, etc.) fallen dabei schwerer ins Gewicht als nicht strafbare Äußerungen.
  • Können Dritte durch einen Blick auf das Profil des Arbeitnehmers den Arbeitgeber erkennen?
  • Wie groß ist die Anzahl der Menschen, die den Beitrag sehen können?
  • Bezieht sich der Beitrag explizit auf den Arbeitgeber? Während sachliche Kritik u.U. noch von der Meinungsfreiheit geschützt wird, können unwahre oder ehrverletzende Beiträge schnell die Treuepflicht des Arbeitnehmers und damit die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verletzen.
  • Andere Faktoren wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter des Arbeitnehmers oder sein bisheriges Verhalten.

Eine pauschale Antwort darauf, wann eine Kündigung – egal ob mit oder ohne Kündigungsfrist – in solchen Fällen gerechtfertigt ist, lässt sich nicht geben. Es sind stets die Umstände des Einzelfalls maßgeblich.

Islamfeindlicher Beitrag auf Facebook veröffentlicht

Im entschiedenen Fall war der Arbeitnehmer seit dem Jahr 2000 für das Land Thüringen tätig. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Beiträge leitete er eine IT-Abteilung des Landeskriminalamts. Dabei war er u.a. zuständig für die Funksysteme von Landes- und Bundespolizei.

Im Jahr 2016 veröffentlichte er im Rahmen einer Diskussion über Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bei Facebook folgende Beiträge:

„(…)ohne uns hätten die Moslems gar nichts, die Pfeifen könnten sich noch nicht mal in die Luft sprengen ohne unsere Hilfe (…)“.

Über andere Nutzer schrieb er:

„Fick dich du Stück Nazischeiße“, „Scheißlappen“ und „Nazipack“.

Aufgrund dieser Äußerungen wurden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen ihn aufgenommen. Das Verfahren wurde jedoch gegen Zahlung eines Geldbetrags eingestellt. Allerdings erfuhr das Land als Arbeitgeber von den Ermittlungen.

Nach Anhörung des Personalrats kündigte es dem Arbeitnehmer fristlos.

Gegen diese Kündigung erhob der Arbeitnehmer Klage.

BAG: Islamfeindlicher Facebook-Beitrag berechtigt nicht zur fristlosen Kündigung

Islamfeindlicher Facebook-BeitragVor dem BAG hatte die Klage Erfolg. Das Gericht erklärte die Kündigung für unwirksam.

Der Arbeitgeber begründete die Kündigung unter anderem damit, dass der Angestellte ihn selbst über das Ermittlungsverfahren hätte informieren müssen. Ob diese Pflicht tatsächlich bestand, ließ das BAG offen. Jedenfalls hätte zunächst eine Abmahnung erfolgen müssen.

Darüber hinaus seien auch die Beiträge in dem sozialen Netzwerk nicht Grund genug gewesen, um eine fristlose Kündigung auszusprechen. Da es sich hierbei um einen einmaligen Vorfall gehandelt habe, sei auch bezogen auf dieses Fehlverhalten eine Abmahnung zunächst ausreichend gewesen.

Daneben führte der Arbeitgeber an, dass die Beiträge die mangelnde Verfassungstreue des Arbeitnehmers verdeutlichen. Die Inhalte zeigen, dass er für die Stelle persönlich ungeeignet sei.

Auch dies ließ das BAG nicht gelten. Vielmehr hätte dem Mitarbeiter ordentlich, also unter Einhaltung der Frist, gekündigt werden müssen. Dies sei dem Arbeitgeber auch zumutbar gewesen. Denn es wäre möglich gewesen, den Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Kündigungsfrist auf eine weniger sicherheitsrelevante Stelle zu versetzen.

Es sei zwar grundsätzlich möglich, eine fristlose Kündigung in eine fristgemäße umzudeuten. Dazu sei jedoch erforderlich, dass der Personalrat neben der außerordentlichen auch zur ordentlichen Kündigung angehört worden sei. Dies sei allerdings nicht geschehen.

Fazit

Beiträge in sozialen Netzwerken mit fremdenfeindlichen oder ehrverletzenden Inhalten können das Arbeitsverhältnis gefährden. Dies gilt umso mehr, wenn aus dem Profil des Äußernden sein Arbeitgeber ersichtlich ist.

Allerdings darf der Arbeitgeber mit seinen Konsequenzen das Maß nicht überschreiten. Der direkte Ausspruch einer fristlosen Kündigung ist oft zu weit gegriffen. Selbst eine fristgemäße Kündigung kann u.U. ungerechtfertigt sein, wenn eine Abmahnung als milderes Mittel schon erfolgsversprechend ist.

Selbst wenn der Mitarbeiter auf einer sicherheitsrelevante Stelle tätig ist, kann ihm nicht gleich fristlos gekündigt werden. Kann er für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist in weniger sensiblen Bereichen eingesetzt werden, hat der Arbeitgeber zur fristgemäßen Kündigung zu greifen und ihn bis zum Fristablauf dorthin zu versetzen.

Bundesarbeitsgericht,Urteil vom 27.6.2019, Az.: 2 AZR 28/19