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Achtung: zusätzliche Nachweispflichten für Arbeitgeber:innen!

Dienstag, 28.06.2022

Zum 1. August 2022 tritt eine Änderung des Nachweisgesetzes in Kraft. Danach treffen Arbeitgeber:innen wesentlich weitere Nachweispflichten als bisher. So müssen wesentliche Arbeitsbedingungen, aber auch Informationen über die Erhebung einer Kündigungsschutzklage, schriftlich festgehalten werden. Sinnvollerweise werden die zwingenden Angaben in einem schriftlichen Arbeitsvertrag festgehalten.

Hintergrund ist die Umsetzung der EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie in deutsches Recht.

Bisherige Nachweispflichten

Das Nachweisgesetz will sicherstellen, dass Arbeitnehmer:innen immer schriftliche Unterlagen über ihr Arbeitsverhältnis erhalten. Es soll später keinen Streit über die wesentlichen Rechte und Pflichten geben. Bisher mussten beispielsweise der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses, der Arbeitsort, die Arbeitszeit, das Gehalt oder auch die Kündigungsfristen zwingend schriftlich ausgehändigt werden. Das unterschriebene Dokument, üblicherweise der Arbeitsvertrag, musste spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgehändigt werden. Ähnliches gilt für Praktikant:innen.

Erweiterte Pflichten für Arbeitgeber:innen

 

 

Die meisten Neuerungen ergeben sich bei den Nachweispflichten der Arbeitgeber:innen.

Zusätzliche Nachweispflichten betreffen unter anderem die Vereinbarung von Probezeit, das Gehalt und die Art der Auszahlung sowie die Bezahlung und Anordnung von Überstunden. Wenn eine Probezeit vereinbart wurde, muss deren Dauer angegeben werden. Wenn es Regelungen zu Ruhepausen und Schichtarbeit gibt, müssen hierzu Angaben gemacht werden. Auch bei Arbeit auf Abruf müssen zusätzliche Angaben gemacht werden. Neu ist zudem die Pflicht, Angaben zur Schriftform von Kündigungen sowie zur Dreiwochenfrist bei Kündigungsschutzklagen zu machen. Letzteres ist bisher in Arbeitsverträgen so gut wie nie enthalten. Hier besteht also fast immer ein Anpassungsbedarf. Allerdings, und auch das stellt die neue Regelung klar, gilt die Dreiwochenfrist nach § 4 KSchG auch dann, wenn hierzu keine schriftliche Regelung vorhanden ist.

Die Angaben müssen nach der neuen Regelung teilweise schon am ersten Arbeitstag vorliegen, teilweise nach sieben Tagen und teilweise wie bisher erst nach einem Monat. Die Fristen richten sich nach dem Inhalt der Angaben.

Arbeitnehmer:innen mit bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen können die Angaben nach der neuen Regelung ab Inkrafttreten des Gesetzes, voraussichtlich am 1. August 2022, verlangen. Dafür ist eine Frist von sieben Tagen bzw. einem Monat vorgesehen, auch hier je nach Art der Angaben.

Bußgelder drohen

Bisher hatte es keine Konsequenzen, wenn die Pflichten nach dem Nachweisgesetz missachtet wurden. Nun droht ein Bußgeld für jeden Verstoß von bis zu EUR 2.000. Das Bußgeld wird nicht nur für unrichtige oder unvollständige, sondern vor allem auch für verspätete Nachweise und Mitteilungen fällig.

Schriftform

Ein Arbeitsvertrag bedarf grundsätzlich nicht der Schriftform. Etwas anderes gilt bei der Befristungsabrede: diese muss der Schriftform genügen, sonst ist sie unwirksam und der Arbeitvertrag gilt unbefristet. Auch die zwingenden Angaben nach dem Nachweisgesetz erfordern die Schriftform nach § 126 BGB. Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Das heißt: Arbeitgeber müssen die Niederschrift per Hand unterzeichnen. Da die zwingenden Angaben nach dem NachwG in aller Regel in Arbeitsverträgen enthalten sind, läuft die Neuerung darauf hinaus, dass Arbeitsverträge schriftlich abgeschlossen werden.

Diese Regelung wäre nach der EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie explizit nicht erforderlich gewesen – der deutsche Gesetzgeber hält aber daran fest. Das ist besonders für moderne und international aufgestellte Unternehmen oder solche, die viel remote arbeiten, nur schwer nachvollziehbar.

Weitere Auswirkungen der Richtlinie

Neben dem Nachweisgesetz werden auch mehrere andere Gesetze geändert, beispielsweise das Teilzeit-Befristungsgesetz und die Gewerbeordnung.

Haben Arbeitnehmer:innen den Wunsch angemeldet, Dauer oder Verteilung der Arbeitszeit zu ändern, muss darauf zukünftig innerhalb eines Monats in Textform geantwortet werden. Die Antwort muss begründet werden. Nur bei häufigeren Anfragen reicht eine mündliche Begründung.

Wird für befristete Arbeitsverträge in Zukunft eine Probezeit vereinbart, muss die Probezeit zur erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen. Hier ist noch nicht absehbar, welche Dauer der Probezeit bei welcher Dauer der Befristung als verhältnismäßig angesehen wird. Das Gesetzt sieht keine starren Grenzen vor. Es bleibt auch noch offen, welche Art von Tätigkeiten welche Befristungsdauer rechtfertigen. Grundsätzlich wird die Probezeit bei einfacheren Tätigkeiten schwieriger zu begründen sein als bei anspruchsvolleren.

Die Kosten für Pflichtfortbildungen muss zukünftig immer der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin tragen. Die Pflicht für Fortbildungen kann sich beispielsweise aus Gesetzen, Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen ergeben. Solche Fortbildungen müssen in der regulären Arbeitszeit durchgeführt werden. Wenn sie außerhalb der regulären Arbeitszeit durchgeführt werden müssen, gelten sie als Arbeitszeit. Das hat sowohl Auswirkungen auf die Vergütung dieser Arbeitszeit als auch auf die Einhaltung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit von 8 bzw. 10 Stunden pro Tag.

Praxistipps

Wird Arbeitnehmer:innen spätestens am ersten Arbeitstag ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt, kann es sein, dass alle Pflichtangaben damit erfüllt sind. Die bestehenden Arbeitsvertragsmuster müssen aber im Detail überprüft werden, ob sie auch alle neuen Pflichtangaben enthalten. Arbeitsverträge, die nach dem 1. August 2022 geschlossen werden, sollten der Schriftform genügen. Anfragen von „alten“ Arbeitnehmer:innen sollten vorsichtshalber beantwortet werden, auch wenn gewünschten Angaben bereits im bestehenden Arbeitsvertrag enthalten sind.

Den Gesetzesentwurf finden Sie hier.