Was sollten Arbeitgeber:innen bei der Ausschreibung von freien Stellen beachten?
Möchten Arbeitgeber:innen einen freien Arbeitsplatz neu besetzen, haben sie bei der Stellenausschreibung einige Dinge zu beachten. Allgemein bekannt ist dabei mittlerweile, dass Arbeitsplätze insbesondere geschlechtsneutral auszuschreiben sind und Formulierungen vermieden werden sollten, die auf eine Benachteiligung wegen des Alters abzielen würden. Hintergrund ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, nach dem Arbeitgeber:innen einen Arbeitsplatz so auszuschreiben haben, dass sie Bewerber:innen nicht aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligen.
Weit weniger bekannt ist dagegen, dass der Gesetzgeber für Arbeitgeber:innen eine besondere Prüfpflicht vor der Neubesetzung eines freien Arbeitsplatzes festgelegt hat, deren Verletzung zu erheblichen Nachteilen für Arbeitgeber:innen führen kann.
Diese Pflicht ist in § 164 Abs. 1 SGB IX geregelt. Danach sind Arbeitgeberinnen verpflichtet, zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden können, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen. Können Stellen mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden, müssen Arbeitgeber:innen frühzeitig Kontakt mit der Agentur für Arbeit aufnehmen. „Frühzeitig“ bedeutet, dass diese Pflicht bereits dann eintritt, wenn eine Stelle in absehbarer Zeit, beispielsweise durch das Ausscheiden des/der bisherigen Stelleninhabers/Stelleninhaberin, zu besetzen sein wird. Dann kann im Rahmen der Kontaktaufnahme geklärt werden, welche Qualifikationen für den freien Arbeitsplatz erforderlich sind. Dies soll der Agentur für Arbeit ermöglichen, in Betracht kommende Bewerber:innen entsprechend zu qualifizieren, sofern für den Arbeitsplatz keine ausreichend qualifizierten Bewerber:innen zur Verfügung stehen. Der Zweck der Kontaktaufnahme liegt darin, dass die Agentur für Arbeit den Arbeitgeber:innen schwerbehinderte Menschen für die Stelle vorschlagen kann. Arbeitgeber:innen haben der Agentur für Arbeit ausreichend Zeit für die Erteilung dieser Vorschlägen einzuräumen.
Es reicht daher insbesondere nicht aus, freie Stellen in die Online-Jobbörse der Agentur für Arbeit einzustellen.
§ 164 Abs. 1 SGB IX verpflichtet Arbeitgeber:innen außerdem dazu, sowohl über eingegangene Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit als auch über Bewerbungen schwerbehinderter Menschen, die sich ohne Beteiligung der Agentur für Arbeit beworben haben, die Schwerbehindertenvertretung und die betriebliche Interessenvertretung unverzüglich zu unterrichten. Auch bei der Prüfung, ob eine Stelle mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann, haben Arbeitgeber:innen die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen und die betriebliche Interessenvertretung anzuhören. Erfüllen Arbeitgeber:innen ihre Beschäftigungspflicht nicht und ist die Schwerbehindertenvertretung oder eine betriebliche Interessenvertretung mit der beabsichtigten Entscheidung der Arbeitgeber:innen nicht einverstanden, ist diese unter Darlegung der Gründe mit ihnen zu erörtern. Dabei wird der betroffene schwerbehinderte Mensch angehört. Alle Beteiligten sind von den Arbeitgeber:innen über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten.
Bestimmte Formvorgaben sind hinsichtlich dieser Pflichten nicht regelt. Arbeitgeber:innen sollten allerdings die Einhaltung der Pflichten dokumentieren, damit sie sie im Zweifelsfall beweisen können.
Werden Arbeitgeber:innen ihren Pflichten nicht gerecht, kann dies zu schwerwiegende Nachteilen führen: Bewerben sich schwerbehinderte Arbeitnehmer:innen auf einen freien Arbeitsplatz und werden sie abgelehnt, drohen nämlich Ansprüche auf Entschädigungszahlung nach § 15 Abs. 2 AGG. Dies liegt daran, dass sich abgelehnte schwerbehinderte Bewerber:innen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts darauf berufen können, dass die Verletzung der beschriebenen Pflichten ihre Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lasse. Die bloße Missachtung der genannten Pflichten beinhalte ein ausreichendes Indiz für eine behinderungsbezogene Benachteiligung. In einem entsprechenden Gerichtsverfahren haben Arbeitgeber:innen dann das Nichtvorliegen einer Benachteiligung wegen einer Behinderung nachzuweisen. Dieser Beweis ist schwierig zu führen und gelingt Arbeitgeber:innen häufig nicht.
Vor diesem Hintergrund sollten Arbeitgeber:innen bei der Ausschreibung freier Stellen auch die Pflichten aus § 164 Abs. 1 SGB IX beachten.