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Verfallsklausel: Ausschlussfrist läuft während Vergleichsverhandlungen nicht

Freitag, 20.07.2018

Arbeitsverträge enthalten nicht selten eine sogenannte Verfallsklausel. Danach werden Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis, die nicht innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden, ausgeschlossen.

Laufen jedoch Vergleichsverhandlungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die geltend gemachten Ansprüche, so wird dieser Zeitraum nicht mitgerechnet. Man spricht von der sogenannten „Hemmung“. So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 20.06.2015.

Zum Hintergrund: Verfallsklausel für Lohnansprüche

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, zum Beispiel wegen bisher nicht in Anspruch genommener Urlaubstage, werden von Arbeitnehmern oft erst spät geltend gemacht. Damit die Geltendmachung nicht zu weit hinausgezögert wird, kann der Arbeitgeber durch eine Ausschlussfrist eine zeitliche Grenze setzen. Dies dient unter anderem seiner Planungssicherheit.

Zum Sachverhalt: Ansprüche des Arbeitnehmers verfallen?

VerfallsklauselIm konkreten Fall enthielt der Arbeitsvertrag des klagenden Arbeitnehmers ebenfalls eine solche Verfallsklausel. Danach hatte der Arbeitnehmer drei Monate Zeit, seine Ansprüche beim Arbeitgeber geltend zu machen. Bei einer Ablehnung der Ansprüche hatte er nochmal drei Monate zur Geltendmachung vor Gericht, danach sollten sie verfallen.

Nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses machte der Arbeitnehmer im September 2015 Ansprüche für offene Urlaubstage und angesammelte Überstunden geltend, die der Arbeitgeber jedoch ablehnte. Darauf folgten Vergleichsverhandlungen bis November 2015, die allerdings erfolglos blieben.

Am 21.01.2016 klagte der Arbeitnehmer schließlich vor dem Arbeitsgericht. Seine Klage wurde aber abgewiesen und auch das Landesarbeitsgericht (LAG) hielt die Ansprüche aufgrund der Verfallsklausel für verfallen.

Zur Entscheidung: Ausschlussfrist läuft während Verhandlungen nicht

Das BAG sah dies in letzter Instanz jedoch anders. Der Arbeitnehmer habe die Ausschlussfrist sehr wohl gewahrt, da der Zeitraum der vorgerichtlichen Vergleichsverhandlungen nicht mitgerechnet werden dürfe. Man könne auf den Gedanken des § 203 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abstellen: Hier hat der Gesetzgeber festgelegt, dass eine Verjährungsfrist nicht läuft, während die Parteien sich in Verhandlungen befinden. Gleiches müsse somit auch für eine Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag gelten.

Die Sache wurde zurück an die Vorinstanz verwiesen. Diese soll nun feststellen, wie viele Überstunden und offene Urlaubstage der Arbeitnehmer noch geltend machen kann.

Fazit

Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis werden oftmals durch Ausschlussfristen zeitlich beschränkt. Verhandeln Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedoch noch über die Ansprüche, so zeigt der Arbeitgeber gerade, dass er sie noch nicht für ausgeschlossen hält. Daher ist dieser Verhandlungszeitraum für die Verfallsfrist auch nicht zu berücksichtigen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.06.2015, Az.: 5 AZR 262/17