Trennlinie

Kündigung wegen Dienstaufsichtsbeschwerde wirksam?

Montag, 23.03.2020

Arbeitnehmer in öffentlichen Betrieben dürfen sich auch per Dienstaufsichtsbeschwerde über die Personalabteilung beschweren, ohne deshalb eine Kündigung zu riskieren. Das stellte kürzlich das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf in einer mündlichen Verhandlung klar (Az. 8 Sa 483/19). Die Parteien schlossen deshalb einen Vergleich.

Dienstaufsichtsbeschwerde wegen verzögerter Bezahlung

DienstaufsichtsbeschwerdeDer Arbeitnehmer war seit 2016 als Straßenbahnfahrer bei der Arbeitgeberin beschäftigt. Er verlangte im Dezember 2018 die Zahlung von 200 € für 13,5 Stunden Mehrarbeit. Anfang 2019 sagte ihm die Arbeitgeberin die Auszahlung zu, sie überwies den Betrag aber nicht. Der Arbeitnehmer verlangte deshalb in einem Telefonat mit der Personalabteilung die sofortige Auszahlung der 200 €. Auch nach diesem Telefonat wurde keine Überweisung veranlasst.

Der Arbeitnehmer reichte noch am selben Tag Dienstaufsichtsbeschwerde gegen eine Mitarbeiterin und den stellvertretenden Leiter der Personalabteilung ein. In der Beschwerde erklärte er, dass diese Mitarbeiter ihm seine Bezüge vorenthielten und dass darin eine strafbare Veruntreuung liege. Im April 2019 bezahlte die Arbeitgeberin die geleistete Mehrarbeit.

Die Arbeitgeberin kündigte ihm nach den erforderlichen Anhörungen fristlos und hilfsweise ordentlich. Dagegen legte der Arbeitnehmer Klage ein. Das Arbeitsgericht gab ihm Recht. Vor dem LAG schlossen die Parteien einen Vergleich.

Kündigung wegen Dienstaufsichtsbeschwerde unwirksam

Das Gericht erklärte in der mündlichen Verhandlung, dass die Berufung der Arbeitgeberin keine Aussicht auf Erfolg habe. Für die Kündigung bestehe kein ausreichender Grund.

Der Dienstaufsichtsbeschwerde liege ein berechtigter Anlass zugrunde. Der vom Arbeitnehmer geforderte Betrag stehe ihm unstreitig zu, weshalb er sich intern mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde an den Vorstand richten dürfe. Der Arbeitnehmer habe die 200 € auch nicht vorrangig vor Gericht einklagen müssen. Auch die Behauptung des Arbeitnehmers, es liege eine strafbare Veruntreuung vor, rechtfertige die Kündigung nicht. Es sei einem Arbeitnehmer zwar nicht erlaubt, seine Vorgesetzten wider besseres Wissen einer Straftat zu bezichtigen. In diesem Fall sei aber deutlich, dass der Arbeitnehmer mit dem Vorwurf der Untreue nur seine Unzufriedenheit mit der verzögerten Zahlung deutlich machen wolle.

In dem Vergleich wurde ein Datum für das Ende des Arbeitsverhältnisses festgelegt und dem Arbeitnehmer eine Abfindung von 30.000 € sowie die Abgeltung von 50 Urlaubstagen zugesprochen.

Fazit

Arbeitnehmer dürfen sich mit legitimen Mitteln gegen eine unfaire Behandlung wehren. Auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde ist nicht ausgeschlossen. Eine verzögerte Bezahlung muss der Arbeitnehmer zudem nicht vorrangig vor Gericht einklagen. Vorsicht ist aber grundsätzlich geboten, wenn die Begehung von Straftaten behauptet wird. Schon die Weitergabe von Gerüchten kann zu einer Abmahnung oder Kündigung führen.

Landesarbeitsgericht Düsseldorf – Aktenzeichen  8 Sa 483/19