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Kündigung von Betriebsratsmitgliedern – Überlegungen zur Abfindungshöhe

Freitag, 10.12.2021

Will sich ein Arbeitgeber von einem Betriebsratsmitglied trennen, ist das in der Regel ein langer und rechtlich äußerst schwieriges Unterfangen.

Betriebsratsmitglieder genießen einen besonderen gesetzlichen Kündigungsschutz. Sie können nur außerordentlich bei schwerwiegenden Pflichtverstößen gekündigt werden. Eine besondere Hürde ist, dass der Betriebsrat vor der Kündigung eines eigenen Mitglieds angehört werden und die Zustimmung erteilen muss. Das wird er in der Regel nicht tun, selbst wenn ein fristloser Kündigungsgrund offensichtlich vorliegt. Dem Arbeitgeber bleibt dann nichts übrig, als beim Arbeitsgericht die Zustimmungsersetzung zur Kündigung zu beantragen. Solange das Gericht nicht durch rechtskräftigen Beschluss die Zustimmung ersetzt, darf nicht gekündigt werden. Abhängig von Auslastung des Gerichts und Verhandlungsgeschick des Betriebsrats im Verfahren kann sich so eine Entscheidung viele Monate, bei Ausschöpfen aller Rechtsmittel und Instanzen bis hin zum Bundesarbeitsgericht auch deutlich über ein Jahr hinziehen. In dieser Zeit besteht das Arbeitsverhältnis mit allen Vergütungsansprüchen fort, selbst wenn das Betriebsratsmitglied zwischenzeitlich freigestellt ist.

Und auch wenn ein Arbeitgeber nach langem Prozess die rechtskräftige Zustimmungsersetzung erreicht hat, ist er noch nicht am Ziel. Denn erst jetzt kann die Kündigung ausgesprochen werden, es folgt dann meistens ein Kündigungsschutzklageverfahren, das sich ebenfalls über mehrere Instanzen ziehen kann. Hat ein Gericht aber erst einmal rechtskräftig die Zustimmung zur Kündigung ersetzt, dann bleibt im Regelfall auch die nachfolgende Kündigungsschutzklage erfolglos. Denn die Zustimmungsersetzung im Vorverfahren hat laut BAG Präjudizwirkung für die Kündigungsschutzklage.

Vor diesem Hintergrund bieten Arbeitgeber oft frühzeitig Aufhebungsverträge an, um sich den langen und teuren Weg durch die Gerichte zu ersparen. Dabei werden häufig sehr hohe Abfindungen geboten, die deutlich über den Abfindungszahlungen für andere Arbeitnehmer liegen.

Bei der Verhandlung über eine angemessene Abfindungshöhe spielen dann folgende Kriterien eine wichtige Rolle:

  • Die rechtlichen Chancen auf eine erfolgreichen Zustimmungsersetzung und anschließende wirksame Kündigung
  • Die zu erwartende Prozessdauer bis zu einer rechtskräftigen Zustimmungsersetzung (Best Case-/ Worst Case-Szenario)
  • Die sich daraus ergebende Lohnfortzahlung einschließlich Lohnnebenkosten bis zum möglichen Kündigungsdatum
  • die Gesamtkosten der drohenden Gerichtsverfahren (Anwälte und Gerichtskosten)
  • Vermeidung eines langen gerichtlichen Konflikts mit dem Betriebsrat und Gefährdung der vertrauensvollen Zusammenarbeit