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Können halbe Urlaubstage genommen werden?

Montag, 12.08.2019

Grundsätzlich wird Urlaub in vollen Tagen gewährt. Halbe Urlaubstage gibt es im gesetzlichen Mindesturlaub nicht. Etwas anderes kann aber gelten, wenn dem Arbeitnehmer mehr Urlaubstage zustehen, als der Gesetzgeber als Mindestmaß vorschreibt. Diese Urlaubstage können durchaus auch halbiert werden, wenn dies im Arbeitsvertrag vereinbart ist.

So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg am 06. März 2019.

Grundlegendes zum Urlaubsanspruch

Arbeitet ein Arbeitnehmer an fünf Tagen in der Woche, hat er einen Anspruch auf mindestens 20 Urlaubstage pro Jahr. Oftmals werden im Arbeitsvertrag daneben weitere Urlaubstage gewährt, die über das gesetzliche Mindestmaß hinausgehen (sog. vertraglicher Zusatzurlaub).

Halbe UrlaubstageZwar muss der Arbeitgeber grundsätzlich die konkreten Urlaubswünsche seiner Mitarbeiter berücksichtigen, allerdings kann er diese unter bestimmten Voraussetzungen ablehnen. Klassischer Fall ist bspw. die Bevorzugung von Arbeitnehmern, die Eltern schulpflichtiger Kinder sind, wenn diese Urlaub während der Sommerferien beantragen. In diesem Fall muss ein kinderloser Arbeitnehmer notfalls zurückstecken und an anderen Tagen Urlaub nehmen. Auch aus betrieblichen Gründen kann ein Urlaubsantrag mitunter abgelehnt werden. Dies kommt zum Beispiel im Saisongeschäft häufiger vor.

Arbeitgeber gewährt jahrelang halbe Urlaubstage

Im konkreten Fall klagte ein Mechaniker, der seit vielen Jahren die Frühschicht (06:00-14:00 Uhr) im Betrieb der Arbeitgeberin übernimmt. Weil seine Familie ein Weingut betreibt, gab ihm die Arbeitgeberin in den letzten Jahren einige halbe Urlaubstage, damit er neben der Arbeit aushelfen konnte. Dementsprechend durfte er die Arbeit dann schon um 10:00 Uhr verlassen.

Ab dem Jahr 2017 gewährte die Arbeitgeberin nur noch maximal sechs halbe Urlaubstage im Jahr. Der Mechaniker verlangte daher gerichtlich die Gewährung von mindestens acht Urlaubstagen in halben Tagen (insgesamt also mind. 16 halbe Urlaubstage).

Weil der Arbeitnehmer mit seiner Klage zunächst vor dem Arbeitsgericht scheiterte, wandte er sich nun mittels Berufung an das LAG Baden-Württemberg.

LAG: Keine halben Urlaubstage ohne Regelung im Arbeitsvertrag

Auch die Richter des LAG entschieden im Ergebnis wie das Arbeitsgericht.

Sinn des Urlaubs sei es, dass der Arbeitnehmer sich erhole. Die Urlaubstage seien daher im Zusammenhang zu gewähren. Davon dürfe nur ausnahmsweise aus betrieblichen oder persönlichen Gründen abgewichen werden. Die Aufteilung einzelner Urlaubstage in halbe Tage komme allerdings nicht in Betracht. Dies gelte auch dann, wenn der Arbeitnehmer selbst diesen Wunsch äußere.

Etwas anderes könne nur bei vertraglich vereinbartem Zusatzurlaub gelten. Hier seien Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Gestaltung freier und könnten Urlaubstage stückeln. Voraussetzung sei aber eine entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag. Die gebe es vorliegend nicht. Auch aus der langjährigen Praxis der Gewährung von halben Urlaubstagen könne nicht auf die Anpassung des Arbeitsvertrags geschlossen werden.

Fazit

Gesetzlicher Mindesturlaub ist grundsätzlich in ganzen Tagen zu gewähren. Eine Stückelung in halbe Urlaubstage ist nicht möglich. Gewährt der Arbeitgeber sie trotzdem, kann er sie sogar als ganze Urlaubstage erneut einfordern.

Die Vereinbarung von halben Urlaubstagen bleibt aber möglich, wenn es sich um vertraglichen Zusatzurlaub handelt. Existiert eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag, sind also auch halbe Urlaubstage möglich.

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 06.03.2019, Az.: 4 Sa 73/18