Trennlinie

Wenn Reden nicht mehr hilft –
warum Mediation im Arbeitsrecht den Unterschied macht

Sonntag, 23.03.2025

Es fing schleichend an. Ein Team, das eigentlich gut funktionierte – bis da dieser eine Kollege war, mit dem „irgendetwas nicht stimmte“. Er wirkte aufbrausend, manchmal unberechenbar, zog sich zurück, nahm nicht mehr an Team-Meetings teil. Die anderen spürten die Spannung, konnten sie aber nicht greifen. Es gab keine klaren Regelverstöße, keine offensichtlichen Fehler – nur dieses diffuse Gefühl, dass es nicht mehr passt.

Der Konflikt schaukelte sich hoch. Er fühlte sich ausgeschlossen, nicht wertgeschätzt. Als sein Urlaubsantrag aus betrieblichen Gründen abgelehnt wurde, war das für ihn der letzte Beweis: Man wollte ihn loswerden. Also meldete er sich krank. Der Vorgesetzte wiederum sah darin eine Provokation. Ein Machtspiel. Ein Zeichen von Arbeitsverweigerung. Gespräche mit ihm wurden geführt – aber ohne echte Struktur, ohne Moderation. Mehrere Vorgesetzte, die Personalabteilung, die es eigentlich gut meinte – und er, allein in der Defensive. Die Fronten verhärteten sich weiter.

Über ein Jahr lang zog sich das so hin. Irgendwann forderte er, nur noch ohne direkten Kontakt zu seinem Vorgesetzten arbeiten zu müssen. Und es wurde ihm ermöglicht: Er durfte aus dem Homeoffice arbeiten, jegliche Kommunikation lief nur noch per E-Mail. Persönlicher Austausch? Fehlanzeige. Das gesamte Team spürte die wachsende Distanz. Gemeinsame Meetings? Er kam nicht mehr. Firmenevents? Er blieb fern. Die Stimmung wurde immer schlechter, die Kollegen frustriert.

Am Ende blieb nur noch die Eskalation. Eine Abmahnung wurde ausgesprochen – doch ohne klare Grundlage. Er klagte dagegen, und aus dem Streit um die Abmahnung wurde eine Kündigungsauseinandersetzung. Erst im gerichtlichen Verfahren gab es eine Mediation. Doch es war zu spät. Die Lösung lag nur noch in der Trennung. Erstmals sprach er dort offen darüber, dass er unter sozialen Ängsten litt, dass er Schwierigkeiten hatte, sich in das Team einzufügen – und dass er sich schon lange allein gelassen fühlte. Doch das hätte man viel früher herausfinden können.

Was wäre gewesen, wenn…?

Wenn es nicht erst im Kündigungsschutzverfahren eine Mediation gegeben hätte, sondern viel früher? Wenn jemand von außen strukturiert hätte, bevor Missverständnisse zu unüberwindbaren Mauern wurden? Vielleicht hätte eine Mediation nicht nur zwischen ihm und der Führungsebene, sondern im gesamten Team neue Perspektiven eröffnet. Vielleicht hätte es Möglichkeiten gegeben, ihn besser zu integrieren – oder wenigstens eine Lösung zu finden, die nicht erst nach einem langen, teuren und nervenaufreibenden Prozess stand.

Mediation ist nicht der letzte Versuch, wenn alles schon verloren scheint. Sie ist eine echte Chance, Konflikte frühzeitig zu entschärfen – bevor sie eskalieren. Sie bringt Klarheit in komplexe Situationen und hilft dabei, Lösungen zu finden, die für alle tragbar sind. Vor Gericht ist oft nur noch eine Entscheidung möglich: Trennung gegen Zahlung einer Abfindung. Was bleibt, ist Frust und Misstrauen auf beiden Seiten. Mediation kann Wege eröffnen, die über ein Schwarz-Weiß-Denken hinausgehen.

Konflikte sind in der Arbeitswelt unvermeidbar – doch wie wir mit ihnen umgehen, macht den Unterschied.