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Grenzen der Freizeit: Weisungen des Arbeitgebers auch nach Feierabend?

Dienstag, 27.02.2024

Kann ein Arbeitnehmer während seiner persönlichen Freizeit davon ausgehen, dass er für den Arbeitgeber nicht erreichbar sein muss, oder besteht unter bestimmten Bedingungen die Verpflichtung, Weisungen des Arbeitgebers zur Kenntnis zu nehmen?

In einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts wurde deutlich, dass Arbeitnehmer unter bestimmten Bedingungen auch während ihrer Freizeit arbeitgeberseitige Weisungen entgegennehmen müssen. Die Frage, ob Arbeitnehmer außerhalb ihrer regulären Arbeitszeiten für den Arbeitgeber erreichbar sein müssen, erlangt damit neue Relevanz.

Die Problematik liegt insbesondere in Branchen, in denen kurzfristige Arbeitseinsätze erforderlich sind, wie beispielsweise bei Springer- oder Vertretungsdiensten. Gängige Vereinbarungen von Arbeit auf Abruf stoßen hier an ihre Grenzen, da eine Vorankündigungsfrist von vier Tagen erforderlich ist. Die Entscheidung des BAG bringt Klarheit in diese Thematik.

Knackpunkt: betriebliche Regelung

Das Gericht betonte, dass ein Arbeitnehmer grundsätzlich verpflichtet ist, arbeitgeberseitige Weisungen in seiner Freizeit entgegenzunehmen, sofern eine betriebliche Regelung existiert, die dies erlaubt. Dies könnte beispielsweise durch eine Betriebsvereinbarung geschehen, wie im entschiedenen Fall, in dem die Diensteinsatzplanung von Notfallsanitätern auf einer solchen Vereinbarung basierte.

Arbeitgeber haben demnach das Recht, Arbeitsort und/oder Arbeitszeit kurzfristig zu konkretisieren, wenn dies durch betriebliche Regelungen abgedeckt ist. Die Erreichbarkeit der Arbeitnehmer während der Freizeit sollte dabei jedoch zumutbar sein. Arbeitnehmer müssen nicht ständig auf ihre Handys schauen, sondern sollten innerhalb eines vernünftigen Rahmens erreichbar sein.

Kenntnisnahme der SMS keine Arbeitszeit

Das BAG betonte weiter, dass die Kenntnisnahme von Weisungen per SMS während der Freizeit nicht als Arbeitszeit im arbeitsschutzrechtlichen Sinne betrachtet wird. Die Freiheit des Arbeitnehmers, den Zeitpunkt der Kenntnisnahme selbst zu wählen, führt dazu, dass die Einschränkungen als geringfügig angesehen werden. Die Ruhezeit des Arbeitnehmers wird somit nicht unterbrochen, und er kann weiterhin frei über seine Freizeit verfügen.

Aus der Entscheidung lässt sich der Schluss ziehen, dass klare betriebliche Regelungen und eine transparente Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wichtig sind, um Klarheit über die Erwartungen in Bezug auf die Erreichbarkeit außerhalb der regulären Arbeitszeiten zu schaffen. Dies ermöglicht eine ausgewogene Balance zwischen Flexibilität und dem Schutz der Freizeit der Arbeitnehmer.

Bundesarbeitsgericht, Entscheidung vom 23. August 2023 (5 AZR 349/22)