Trennlinie

Die Verwendung des Gendersternchens stellt keine Diskriminierung dar

Donnerstag, 22.07.2021

Die Verwendung des Gendersternchens in einer Stellenausschreibung ist keine Diskriminierung mehrgeschlechtlich geborener Menschen. Ziel des Gendersternchens ist es gerade, niemand zu diskriminieren und die Vielfalt der Geschlechter deutlich zu machen. Das entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein.

Die klagende Partei begehrt Entschädigung nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (AGG) nach § 15 Abs.2 AGG in einer Höhe von mindestens 6.000,00 EUR u.a. wegen der Benachteiligung bei einer Bewerbung aufgrund des Geschlechts.

Der Beklagte veranlasste eine Stellenausschreibung zur Stärkung des Teams in der es u.a. hieß „Schwerbehinderte Bewerber*innen werden bei entsprechender Eignung bevorzug berücksichtigt“ und „Näheres entnehmen Sie bitte dem nachstehenden Anforderungsprofil einer Fachkraft (m/w/d)“. Die zweigeschlechtlich geborene und schwerbehinderte klagende Partei bewarb sich auf die ausgeschriebene Stelle, wurde aber abgelehnt.

Entschädigungsanspruch nach dem AGG?

Die klagende Partei hat die Ansicht vertreten, es liege eine Diskriminierung als schwerbehinderter Mensch vor, da sie nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei, obwohl sie über eine vergleichbare Ausbildung/Qualifikation verfüge. Außerdem sei sie wegen des Geschlechts diskriminiert worden, da das seitens des Beklagten genutzte sogenannte Gendersternchen (*) bei der Formulierung „Schwerbehinderte Bewerber*innen“ auf den Aspekt Geschlecht abstelle.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, es liege keine Diskriminierung wegen des Geschlechts vor. Eine Einladung zum Auswahlgespräch habe deshalb unterbleiben können, weil die klagende Partei nicht über die in der Stellenausschreibung geforderten pädagogischen Qualifikationen oder eine vergleichbare Qualifikation verfüge. Mit der Nutzung des sogenannten Gendersternchens in der Stellenausschreibung sei dem Vorschlag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes als Ausdrucksweise für eine geschlechtsneutrale Stellenbeschreibung gefolgt und deutlich gemacht worden, dass Personen unabhängig vom Geschlecht angesprochen werden sollten.

Erstinstanzlich sprach das Gericht der klagenden Partei eine Entschädigung in Höhe von 2.000 EUR zu, begründetet die Entscheidung aber nicht mit dem Vorliegen einer Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts, sondern sprach der klagenden Partei den Anspruch wegen einer unzureichenden Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zu.

Keine Diskriminierung

Mit der Berufung verfolgte die klagende Partei die weitere Zahlung einer Entschädigung wegen des Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Das LAG Schleswig-Holstein lehnte weitere Entschädigungsansprüche ab. Nach Ansicht des LAG habe die klagende Partei keinen – weitergehenden – Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung aus § 15 Abs. 2 AGG aufgrund einer Benachteiligung wegen des Geschlechts oder der sexuellen Identität. Die Stellenausschreibung bewirke weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts. Eine Diskriminierung wegen des Geschlechts ergäbe sich auch nicht aus der Verwendung des sogenannten „Gendersternchens“. Auch die Formulierung „Näheres entnehmen Sie bitte dem nachstehenden Anforderungsprofil einer Fachkraft (m/w/d)“ sei geschlechtsneutral.

Geschlechtsneutrale Stellenausschreibung

Geschlechtsneutral formuliert sei eine Ausschreibung, wenn sie sich in ihrer gesamten Ausdrucksweise sowohl an alle Personen unabhängig vom Geschlecht richtet. Dem ist zumindest dann Rechnung getragen, wenn die Berufsbezeichnung in geschlechtsneutraler Form verwendet wird. Es genüge, dass der Gesamtkontext der Ausschreibung ergebe, dass eine Geschlechtsdiskriminierung nicht beabsichtigt ist. Der Beklagte habe durch die gewählten Formulierungen ausdrücklich kenntlich gemacht, dass er die Stelle geschlechtsneutral ausschreiben wollte. Das Gendersternchen diene gerade einer geschlechtersensiblen und diskriminierungsfreien Sprache. Es ist auf eine Empfehlung der Antidiskriminierungsstelle der Bundesregierung zurückzuführen. Dass geschlechtsneutral ausgeschrieben werden sollte, wird auch durch den sich im Ausschreibungstext befindlichen Zusatz „m/w/d“ deutlich.

Gendersternchen diskriminiert keine zweigeschlechtlich geborenen Menschen

Die Verwendung des sogenannten „Gendersternchens“ in der Stellenausschreibung diskriminiere zweigeschlechtlich geborene Menschen nicht. Das Gendersternchen ist momentan eine der am weitesten verbreiteten Methoden, um gendergerecht zu schreiben und die Vielfalt der Geschlechter deutlich zu machen. Es sollen Menschen angesprochen werden, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugehörig fühlen. Ebenso sollen Menschen angesprochen werden, die sich nicht dauerhaft oder ausschließlich dem männlichen oder dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Sein Ziel sei es, niemanden zu diskriminieren, mithin auch inter-, trans- und zweigeschlechtliche Personen nicht. Das Sternchen soll dabei nicht nur Frauen und Männer in der Sprache gleich sichtbar machen, sondern auch alle anderen Geschlechter symbolisieren und der sprachlichen Gleichbehandlung aller Geschlechter dienen.

Ob das Gendersternchen den offiziellen deutschen Rechtschreibregeln entspricht, könne hier laut Gericht dahingestellt bleiben.

LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 22.06.2021 – 3 Sa 37 öD/21