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Konfessionsloser Bewerber abgelehnt: Kirche hat Entschädigung zu zahlen

Montag, 12.11.2018

Grundlegendes Urteil aus dem Kirchenarbeitsrecht: Kirchliche Arbeitgeber dürfen in Stellenausschreibungen nicht pauschal die Zugehörigkeit zu ihrer Kirche verlangen. Zulässig ist dies nur, wenn die auszuübende Tätigkeit besonders eng im Zusammenhang mit der Religionsausübung steht.

Wird ein konfessionsloser Bewerber unzulässig abgelehnt, weil er der Kirche nicht angehört, hat er Anspruch auf eine Entschädigung.

Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 25. Oktober 2018 entschieden.

Zum Hintergrund: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz

In Deutschland existiert das sog. Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Dieses wurde zur Umsetzung einiger europäischer Richtlinien zur Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung von Chancengleichheit verabschiedet. Das AGG schützt unter anderem vor Benachteiligungen aufgrund der Religion oder Weltanschauung. Der Arbeitgeber darf daher bei der Besetzung einer freien Arbeitsstelle die Bewerber/innen nicht aufgrund ihrer Religion oder Weltanschauung diskriminieren.

Eine unterschiedliche Behandlung ist insbesondere unter engen Voraussetzungen nach § 9 AGG zulässig. Dazu muss eine bestimmte Religion oder Weltanschauung eine unerlässliche und wesentliche berufliche Anforderung an die konkret auszuübende Tätigkeit darstellen.

Ist die Benachteiligung nicht gerechtfertigt, kann eine Entschädigung vom Arbeitgeber verlangt werden.

Zum Sachverhalt: Kirchlicher Arbeitgeber lehnt konfessionslose Bewerberin ab

Konfessionsloser BewerberIm vorliegenden Rechtsstreit hatte sich die Klägerin bei dem Beklagten – ein Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland – für eine ausgeschriebene Stelle als Referentin beworben. Schwerpunkt der Tätigkeit sollten beispielsweise die Erarbeitung von Berichten über die Umsetzung der UN-Antirassismuskonvention sowie das Verfassen von Stellungnahmen gegenüber Politik und Öffentlichkeit sein.   Zudem sollte Mitarbeit in Gremien geleistet werden.

Die Stellenausschreibung enthielt dabei auch die Anforderung, der Bewerber solle Mitglied in einer evangelischen oder einer der ACK (Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland) angehörenden Kirche sein. Darüber hinaus sollte im Lebenslauf die Konfession angegeben werden.

Die konfessionslose Klägerin wurde zu keinem Vorstellungsgespräch eingeladen. Die Stelle wurde stattdessen mit einem evangelischen Bewerber besetzt. Daraufhin verlangte die Klägerin die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Der Grund: Sie sei wegen ihrer Konfessionslosigkeit abgelehnt worden. Dies sei eine Benachteiligung wegen der Religion und verstoße somit gegen das AGG.

Zur Entscheidung: Konfessionsloser Bewerber darf nicht abgelehnt werden

Das BAG hat entschieden, dass der Beklagte dazu verpflichtet ist, eine Entschädigung an die Klägerin zu zahlen.

Der Beklagte habe die Bewerberin wegen der Religion benachteiligt. Diese Benachteiligung sei auch nicht ausnahmsweise nach § 9 Abs. 1 AGG gerechtfertigt gewesen. Werde diese Vorschrift europarechtlich ausgelegt, sei eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion nur unter ganz engen Voraussetzungen möglich. Hierfür sei insbesondere erforderlich, dass die Religion nach Art der Tätigkeit eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung im Hinblick auf das Ethos der konkreten Einrichtung darstelle. Zu diesem Ergebnis führte das BAG der Europäische Gerichtshof, der mit dem Fall ebenfalls betraut war.

Die Religion müsse also eine wesentliche Voraussetzung dafür sein, um überhaupt der beruflichen Tätigkeit nachgehen zu können. Dies sei vorliegend zweifelhaft.

Jedenfalls aber bestehe keine wahrscheinliche und erhebliche Gefahr, dass das Ethos des Beklagten im vorliegenden Fall nachteilig beeinträchtigten würde. Die im konkreten Fall auszuübende Tätigkeit als Referentin umfasse nur die Einbindung in einen internen Meinungsbildungsprozess beim Beklagten. Demnach hätte die Stelleninhaberin über Entscheidungsfragen, die das Ethos des Beklagten betreffen, gar nicht selbstständig entscheiden können und somit keinen Einfluss hierauf ausüben können.

Wegen der Benachteiligung wurde der Bewerberin eine Entschädigung in Höhe von 3.915,46 € zugesprochen.

Fazit

Ein kirchlicher Arbeitgeber darf nicht pauschal die Mitgliedschaft seiner Arbeitnehmer in einer christlichen Kirche voraussetzen. Es ist für jede Stelle zu prüfen, ob sie unbedingt die Zugehörigkeit zur Kirche erfordert. Dies ist bei religionsfernen Arbeiten wie z.B. im Krankenhaus anders zu beurteilen als gegenüber einem Religionslehrer oder Pfarrer.

Ein unzulässig abgelehnter konfessionsloser Bewerber darf auf eine Entschädigung hoffen, sollte die Ablehnung gerade wegen der fehlenden Religionszugehörigkeit erfolgt sein.

Erst vor kurzem erging ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, in dem die Sonderregeln für kirchliche Arbeitgeber weiter eingeschränkt wurden. Es ging um eine Kündigung wegen Wiederheirat.

BAG, Urteil v. 25.10.2018, Az. 8 AZR 501/14