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Bezeichnung der Vorgesetzten als „Ming-Vase“ rechtfertigt fristlose Kündigung

Donnerstag, 10.06.2021

Bezeichnet eine Mitarbeiterin ihre Vorgesetzte als „Ming-Vase“ und erläutert ihre Äußerung durch eine Geste des Nach-Hinten-Ziehens der Augen, stellt dies eine Beleidigung und rassischste Äußerung dar, die eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Das entschied das Arbeitsgericht Berlin.

Zum Sachverhalt

Die Parteien streiten um die Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung.

Die Mitarbeiterin, die zugleich Betriebsratsmitglied ist, ist als Verkäuferin bei der Klägerin, einem Kaufhaus mit internationalem Publikum, beschäftigt. Die betroffene Mitarbeiterin bezeichnete ihre Vorgesetzte mit asiatischer Herkunft als „Ming-Vase“ und erläuterte ihre Äußerung gegenüber Kollegen durch eine Geste des Nach-Hinten-Ziehens der Augen und wiederholte dabei „Na sie wissen schon, die Ming-Vase“.

In der darauffolgenden Anhörung durch die Arbeitgeberin gab die betroffene Mitarbeiterin an, eine Ming-Vase stehe für sie für einen schönen und wertvollen Gegenstand. Sie habe die asiatische Augenform imitiert, um nicht den Begriff „Schlitzauge“ verwenden zu müssen. Schwarzen Menschen bezeichne sie als „Herr Boateng“, weil sie diesen so toll finde.

Die Klägerin hielt die Äußerung in der Gesamtbetrachtung für rassistisch und kündigte der Mitarbeiterin fristlos. Der Betriebsrat hingegen verweigerte die Zustimmung zur Kündigung mit der Begründung, er verurteile Rassismus als schärfstes, er erkenne hier aber kein rassistisches Gedankengut der Mitarbeiterin.

Fristlose Kündigung wegen rassistischer Äußerung gerechtfertigt

Das Arbeitsgericht Berlin schloss sich der Arbeitgeberin an und ersetzte die Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung. Die Zustimmung des Betriebsrates zu einer außerordentlichen Kündigung ist immer dann erforderlich, wenn ein Mitglied des Betriebsrates gekündigt werden soll. So lag der Fall hier.

Zur Begründung führte das Gericht aus: Die Bezeichnung der mit den Worten „Ming Vase“ gemeinten Vorgesetzten und die zur Verstärkung der Worte verwendeten Gesten der Mitarbeiterin seien zur Ausgrenzung von Mitmenschen anderer Herkunft, deren Beleidigung und zu deren Herabsetzung geeignet und rechtfertigen unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls eine außerordentliche Kündigung. Das Verhalten der Mitarbeiterin sei als rassistische Äußerung zu qualifizieren. Insbesondere sei hier auch zu berücksichtigen, wie sich die Mitarbeiterin in der Anhörung gegenüber schwarzen Kunden äußerte und zugab diese stets als „Herr Boateng“ zu bezeichnen. Zudem sei es für ein Kaufhaus von internationalem Ruf nicht hinnehmbar, wenn eine Verkäuferin als Aushängeschild im täglichen Kontakt mit internationalem Publikum dieses wahlweise als Ming Vase oder Herr Boateng oder mit sonstigen abwertenden Formulierungen bezeichnen könnte. Durch die rassistische Äußerung verletzte die Mitarbeiterin ihre Pflicht auf Rücksichtnahme auf berechtigte Interessen ihrer Arbeitgeberin.

ArbG Berlin, Beschl. v. 05.05.2021, 55 BV 2053/21