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Teilzeitbeschäftigung: Überstundenzuschläge sind bereits ab der ersten Überstunde zu zahlen

Montag, 21.01.2019

Oft streiten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Vergütung von Überstunden. Kürzlich hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine bisherige Rechtsprechung zur Bezahlung von Überstunden einer Teilzeitkraft geändert. Es legte einen Tarifvertrag so aus, dass der Teilzeitkraft schon ab ihrer ersten Überstunde Zuschläge zu gewähren sind. Bisher entschied das Gericht für solche Klauseln stets, dass Überstundenzuschläge erst mit dem Überschreiten der gewöhnlichen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft fällig wurden.  

Zum Hintergrund: Wie sah die bisherige Rechtslage aus?

Sah ein Tarif- oder Arbeitsvertrag Überstundenzuschläge vor, war es bisher so, dass der Zuschlag erst fällig wurde, wenn die Teilzeitkraft mehr als eine reguläre Vollzeitkraft arbeitete. Eine Teilzeitkraft erhielt den Zuschlag also nicht bereits mit Ableisten der ersten Überstunde, sondern erst in dem Zeitpunkt, als sie die Regelarbeitszeit einer Vollzeitkraft übertraf.

Zum Sachverhalt: Keine Vergütung von Überstunden

ÜberstundenzuschlägeDurch diese Regelung fühlten sich einige Teilzeitkräfte benachteiligt. So auch im konkreten Fall: Hier war die Arbeitnehmerin im gastronomischen Betrieb der Arbeitgeberin angestellt. Es existierte ein Tarifvertrag, der bestimmte, dass die Arbeitgeberin für jede Überstunde der Arbeitnehmerin einen Zuschlag zahlen sollte. Trotz mehrerer geleisteter Überstunden wurde die Arbeitnehmerin aber nie entsprechend entlohnt.

Der Arbeitgeber begründete dies damit, dass der Zuschlag erst dann fällig würde, wenn die Arbeitnehmerin mehr Arbeit als die Vollzeitarbeitnehmer leiste. Dem widersprach die Arbeitnehmerin: Bei ihrer geringeren regulären Wochenarbeitszeit sei es praktisch unmöglich, auf eine solch hohe Anzahl Überstunden zu kommen. Ihrer Auffassung nach verstoße die Praxis der Arbeitgeberin gegen § 4 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), der Teilzeitkräfte vor Benachteiligungen gegenüber Vollzeitkräften schützt.

Zur Entscheidung: Überstundenzuschläge bereits ab der ersten Überstunde

Das Bundesarbeitsgericht entschied zugunsten der Arbeitnehmerin. Der Zuschlag für Überstunden werde bereits dann fällig, wenn eine Teilzeitkraft mehr als die regulär vereinbarte Arbeitszeit leiste. Überstunden seien somit bereits ab der ersten Überstunde zu entlohnen. Ein Vergleich mit Vollzeitarbeitskräften sei also nicht angemessen, da ansonsten tatsächlich eine Benachteiligung im Sinne des § 4 Abs. 1 TzBfG vorliege. Schließlich habe die Arbeitnehmerin anderweitig niemals eine Chance, Überstundenzuschläge zu erhalten.

Fazit

Laut der Pressemitteilung ändert das Bundesarbeitsgericht mit dieser Entscheidung ausdrücklich seine Rechtsprechung für derartige Klauseln in Tarifverträgen. Zwar wurde hier nur über einen bestimmten Tarifvertrag entschieden. Wahrscheinlich lassen sich die Grundzüge dieser Entscheidung aber auch auf ähnliche Tarifverträge übertragen. Teilzeitkräfte haben dann also bereits ab der ersten Überstunde einen Anspruch auf Zahlung des Zuschlags. Dies gilt jedenfalls, sofern eine solche Regelung im Arbeits- oder Tarifvertrag vereinbart wurde.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Dezember 2018 – 10 AZR 231/18