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Mythen & Irrtümer im Arbeitsrecht: „Mein Arbeitgeber kann mich erst nach drei Abmahnungen kündigen“ – richtig oder falsch?

Donnerstag, 01.07.2021

Falsch. Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, drei Abmahnungen auszusprechen, bevor er einen Arbeitnehmer kündigt.

Einer verhaltensbedingten Kündigung muss in der Regel eine Abmahnung als milderes Mittel vorausgehen. Mit einer Abmahnung wird konkretes Fehlvergalten gerügt und es wird vor weiteren Verstößen gewarnt. Dem Arbeitnehmer wird also sein Fehlverhalten vor Augen geführt und deutlich gemacht, dass im Wiederholungsfall die Beendigung des Arbeitsverhältnisses droht. Erst wenn der Arbeitnehmer das Fehlverhalten wiederholt, kann der Arbeitgeber ihn verhaltensbedingt kündigen.

Eine Abmahnung ist daher Wirksamkeitsvoraussetzung für eine auf ein vertragswidriges Verhalten gestützte Arbeitgeberkündigung.

Mehrere Abmahnungen müssen in der Regel ausgesprochen werden, wenn es sich nur um einen leichten Verstoß des Arbeitnehmers handelt oder die erste Abmahnung über einen längeren Zeitraum zurückliegt. Wie viele Abmahnungen tatsächlich erforderlich sind, kann nicht pauschal festgelegt werden. Hierbei handelt es sich immer um eine Einzelfallentscheidung.

In Ausnahmefällen kann der Arbeitgeber sogar ohne vorausgegangene Abmahnung kündigen. Eine Abmahnung ist entbehrlich, wenn bereits von vornherein erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach der Abmahnung nicht zu erwarten ist, oder wenn eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung des Arbeitnehmers vorliegt und das Vertrauensverhältnis somit endgültig zerstört ist. Eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung kann z.B. ein eigenmächtiger Urlaubsantritt sein oder auch die Begehung einer Straftat am Arbeitsplatz.

Auch bei betriebsbedingten oder personenbedingten Kündigungen ist eine vorherige Abmahnung entbehrlich.

Auch bei dem umgekehrten Fall, nach drei Abmahnungen ist der Arbeitgeber immer zur Kündigung berechtigt, handelt es sich um einen weitvebreitenden Irrtum. Drei Abmahnungen berechtigen nicht automatisch zur Kündigung. Ob eine Kündigung im Einzelfall gerechtfertigt ist, hängt immer vom Einzelfall ab. Maßgebend ist die schwere der Pflichtverletzung. Hieran muss gemessen werden, ob der Arbeitgeber sofort oder erst im Wiederholungsfall nach einer oder erst nach mehreren einschlägigen Abmahnungen verhaltensbedingt kündigen darf.

Erhält ein Arbeitnehmer eine Abmahnung, gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren. Nicht immer ist es sinnvoll, gleich eine Klage, die sich auf die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte richtet, zu erheben. Wie man sich im Einzelfall am besten verhält, sollte stets mit einem Anwalt besprochen werden.