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Betriebsrat hat Recht zur Mitbestimmung über Twitter-Account der Arbeitgeberin

Dienstag, 27.11.2018

Betreibt eine Arbeitgeberin einen Twitter-Account, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 I Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Dabei ist es unerheblich, ob die Arbeitgeberin ihre Arbeitnehmer per Twitter überwachen möchte. Ausreichend für die Mitbestimmung über Twitter ist allein die Möglichkeit, bestimmte Tweets einzelnen Arbeitnehmern zuzuordnen und als Kontrolle verwenden zu können.

So hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg am 13.09.2018 entschieden.

Zum Hintergrund: Mitbestimmung über Twitter?

Der Betriebsrat hat durch das BetrVG zahlreiche Mitbestimmungsrechte verliehen bekommen. Dazu zählen auch die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Sinn und Zweck ist der Schutz der Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer. Ob das Betreiben und Unterhalten eines Twitter-Accounts durch die Arbeitgeberin eine technische Einrichtung zur Überwachung darstellt, ist Gegenstand dieser Entscheidung.

Zum Sachverhalt: Leistungskontrolle der Arbeitnehmer mittels Twitter

Mitbestimmung über TwitterIm vorliegenden Fall betrieb eine Arbeitgeberin durch verschiedene Tochtergesellschaften Kinos. Auf der Internetplattform Twitter unterhielt die Arbeitgeberin einen Account. Dieser wurde unternehmensübergreifend genutzt und war keinem Kino speziell zugeordnet. Die Verwaltung der Internetseite erfolgt durch eigene Mitarbeiter der Arbeitgeberin, insbesondere durch ein sogenanntes Social Media Team. Der Gesamtbetriebsrat war allein für die Kinobetriebe der Tochtergesellschaften der Arbeitgeberin gebildet worden. In einer Sitzung kam es zu dem Beschluss, ein Verfahren gegen die Arbeitgeberin zur Deaktivierung des Twitter Accounts einzuleiten. Der Antrag des Gesamtbetriebsrats auf Unterlassung des Betreibens des Twitter-Accounts hatte vor dem Arbeitsgericht keinen Erfolg. Anders entschied nun das LAG Hamburg.

Zur Entscheidung: Betriebsrat hat Recht zur Mitbestimmung über Twitter

Nach der Auffassung des Gerichts handele es sich bei dem Twitter-Account der Arbeitgeberin um eine technische Einrichtung im Sinne des BetrVG. Deswegen habe der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Twitter ermögliche es zum Beispiel Kinobesuchern, öffentlich Tweets zu verfassen, die das Verhalten und die Leistung einzelner Arbeitnehmer zum Gegenstand haben könnten. Dadurch werde es der Arbeitgeberin ermöglicht, die Tweets der Nutzer einzelnen Arbeitnehmern zuzuordnen und als Leistungs- und Verhaltenskontrolle zu verwenden.

Das Mitbestimmungsrecht setze nicht voraus, dass die technische Einrichtung auf die Überwachung der Leistung und des Verhaltens der Arbeitnehmer ausgerichtet sein müsse. Die Tatsache, dass ein Tweet bzw. eine Antwort in Verbindung mit weiteren Erkenntnissen eine Beurteilung des Arbeitnehmers ermöglichen könne, reiche aus. Unerheblich sei daher auch, ob die Arbeitgeberin selbst Beiträge verfasse oder die Nutzer dazu auffordere. Der Antrag des Betriebsrates hatte damit Erfolg.

Fazit

Der Betriebsrat entscheidet mit, ob die Arbeitgeberin einen Twitter-Account betreiben darf.

Das LAG Hamburg hat die Rechtsbeschwerde zugelassen. Möglich ist also, dass auch das Bundesarbeitsgericht über den Fall entscheiden wird.

Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings vor längerer Zeit zum Facebook-Auftritt eines Arbeitgebers ähnlich entschieden.

Landesarbeitsgericht Hamburg, Beschluss v. 13.09.2018, 2 TaBV 5/18.