Trennlinie

Betriebsrisiko Pandemie: Gehalt trotz Betriebsschließung

Dienstag, 17.08.2021

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 30. März 2021, Az. 7 Ca 1468/20, einer Arbeitnehmerin Gehalt für Schichten zugesprochen, die sie pandemiebedingt bei ihrer Arbeitgeberin nicht ableisten konnte.

 

Spielhalle musste pandemiebedingt schließen

Die Klägerin war bis zum 30. April 2020 bei einer Spielhalle in NRW beschäftigt. Die Betreiberin der Spielhalle musste den Betrieb aufgrund der Corona-Pandemie bereits im März 2020 schließen. Auch im April 2020 musste die Spielhalle geschlossen bleiben. Das war für Spielhallen in NRW aufgrund der dortigen Coronaschutzverordnung zwingend vorgesehen. Für den April 2020 hat die Spielhallenbetreiberin der Klägerin kein Gehalt gezahlt. Die Klägerin konnte kein Kurzarbeitergeld erhalten, weil sie bereits am 1. Mai 2020 in den Ruhestand ging. Laut Dienstplan für April 2020 hätte die Klägerin im April 2020 insgesamt 62 Stunden gearbeitet. Vor Gericht verlangte sie deshalb die Zahlung von insgesamt 666,19 Euro brutto für die geplanten Schichten.

Arbeitgeberin trägt grundsätzlich das sogenannte Betriebsrisiko

Grundsätzlich müssen nur Schichten bezahlt werden, die auch abgeleistet wurden („kein Lohn ohne Arbeit“). Nach der gesetzlichen Wertung trägt der Arbeitgeber aber das sogenannte Betriebsrisiko, § 615 Satz 3 BGB. Können Arbeitnehmer:innen ihre Arbeit aus Gründen nicht aufnehmen, die unter das Betriebsrisiko fallen, müssen sie grundsätzlich trotzdem bezahlt werden. Typische Beispiele dafür sind Naturkatastrophen, Erdbeben, Überschwemmungen oder extreme Witterungsverhältnisse. Die Klägerin war der Ansicht, auch Schließungen aufgrund der Corona-Pandemie fielen unter das Betriebsrisiko.

Pandemiebedingte Schließungen sind Betriebsrisiko

Das Arbeitsgericht Wuppertal hatte der Klägerin in erster Instanz Recht gegeben und die Arbeitgeberin zur Zahlung verurteilt. Das Landesarbeitsgericht hat dieses Urteil bestätigt. Muss ein Betrieb aufgrund von staatlichen Vorgaben pandemiebedingt schließen, trägt die Arbeitgeberin dieses Risiko. Ist eine Lösung über Kurzarbeitergeld wie hier nicht möglich, muss deshalb grundsätzlich das volle Gehalt gezahlt werden, auch wenn keine Arbeit anfällt. Nach dem Landesarbeitsgericht kommt es auch nicht darauf an, ob eine gesamte Branche oder nur einzelne Betriebe betroffen sind.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zugelassen. Damit hat eventuell das Bundesarbeitsgericht noch das letzte Wort in dieser Sache.

LAG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2021 – 12 Sa 19/21