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Fahrpreis kassiert, Ticket nicht ausgegeben: Wichtiger Grund für fristlose Kündigung gegeben

Donnerstag, 20.09.2018

Die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers setzt voraus, dass ein wichtiger Grund vorliegt, der dem Arbeitgeber die weitere Zusammenarbeit unzumutbar macht. Ein solcher wichtiger Grund liegt vor, wenn ein Busfahrer den Fahrpreis kassiert, das Ticket aber nicht an den Kunden ausgibt.

So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg am 16.08.2018.

Zum Hintergrund: Die außerordentliche Kündigung

Klassische Sachverhalte, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, sind Diebstahl oder sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. In diesen Fällen ist das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber so beeinträchtigt, dass eine weitere Beschäftigung unmöglich erscheint. Sogar ein Diebstahl mit nur geringem Betrag kann dafür ausreichen.

Dem Arbeitgeber ist dann erlaubt, den Arbeitnehmer fristlos (d.h. ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist) zu kündigen. Sogar eine Abmahnung ist nicht erforderlich, da das Vertrauensverhältnis nicht mehr wiederherzustellen ist. Erforderlich ist aber stets eine Interessenabwägung im Einzelfall.

Zum Sachverhalt: Fahrpreis ohne Ticketausgabe kassiert

Wichtiger Grund für fristlose KündigungIm konkreten Sachverhalt beschwerte sich ein Kunde bei der BVG (Berliner Verkehrsbetriebe), dass ein Busfahrer zwar den Fahrpreis kassiert, aber kein Ticket ausgedruckt habe. Stattdessen habe er dem Kunden mit der Aussage „You don’t need a ticket“ abgefertigt. Daraufhin wurde der Arbeitgeber misstrauisch und ließ den Busfahrer heimlich beobachten. Innerhalb kurzer Zeit kassierte der Busfahrer vier Tickets von Fahrgästen, ohne diesen ihre Tickets auszudrucken.

Daraufhin kündigte die BVG dem Arbeitnehmer fristlos ohne vorherige Abmahnung. Die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers blieb erfolglos. Auch eine Revision zum Bundesarbeitsgericht hat das LAG nicht zugelassen.

Zur Entscheidung: Wichtiger Grund liegt vor

Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Busfahrer von den Fahrgästen Geld entgegengenommen, aber keine Fahrscheine ausgedruckt habe. Anderslautende Angaben des Busfahrers hätten sich nach gerichtlicher Einsichtnahme in die Videoaufzeichnungen aus dem Bus nicht bestätigt. Ein solches Verhalten rechtfertige nach Ansicht des Gerichts eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung.

Fazit

Ein schwerwiegendes Fehlverhalten eines Arbeitnehmers rechtfertigt unter Umständen eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber. In diesem Fall wird keine vorherige Abmahnung ausgesprochen. Kassiert ein Busfahrer von Fahrgästen den Fahrpreis ohne diesen ein Ticket auszustellen, so liegt ein hinreichend schwerwiegendes Fehlverhalten vor. Die fristlose Kündigung ist dann gerechtfertigt.

LAG Berlin-Brandenburg, 16.08.2018, Az.: 10 Sa 469/18