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Videoüberwachung am Arbeitsplatz – Sofortige Auswertung nicht erforderlich

Mittwoch, 05.09.2018

Nutzt ein Arbeitgeber in zulässiger Weise die Möglichkeit der Videoüberwachung am Arbeitsplatz, so ist er nicht dazu verpflichtet, die Videoaufzeichnungen sofort zu sichten. Auch Monate später kann das Material noch ausgewertet und vor Gericht gegen eine Arbeitnehmerin verwertet werden, die Geld des Arbeitgebers in die eigene Tasche gesteckt hat.

Dies hat das Bundesarbeitsgericht am 23. August 2018 entschieden.

Zum Hintergrund: Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Videoüberwachung am ArbeitsplatzOb eine Videoüberwachung von Arbeitnehmern zulässig ist, hängt stets vom Einzelfall ab. Die Videoüberwachung stellt einen erheblichen Eingriff in die Rechte der Arbeitnehmer dar und muss daher besonders gerechtfertigt sein. So kann in öffentlichen Verkaufsräumen der Zweck, Diebstahl zu verhindern oder jedenfalls im Nachhinein die Täter ermitteln zu können, im Einzelfall eine Videoüberwachung rechtfertigen. Für nicht-öffentlich zugängliche Räume gelten noch strengere Maßstäbe. Eine Videoüberwachung im Pausenraum der Mitarbeiter wird daher in der Regel unzulässig sein.

Zum Sachverhalt: Gelder in die eigene Tasche gesteckt

Der Inhaber eines Tabak- und Zeitschriftenladens hatte im Laden eine offen sichtbare Videokamera installiert, um Diebstahl durch Kunden aber auch durch Mitarbeiter zu verhindern. Im Februar 2016 steckte eine Arbeitnehmerin die Einnahmen aus Tabakverkäufen nicht in die Kasse, sondern in die eigene Tasche. Aufgefallen ist dies jedoch erst einige Monate später. Nach Auswertung der Videoaufzeichnungen aus der relevanten Zeit kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin fristlos.

Die Arbeitnehmerin wehrte sich gegen die Kündigung und zog vor die Arbeitsgerichte.

Zur Entscheidung: Keine Pflicht zur sofortigen Auswertung

Das Bundesarbeitsgericht hat nun einen Teilaspekt des Verfahrens zugunsten des Arbeitgebers entschieden. Der Arbeitgeber sei nicht verpflichtet gewesen, das Videomaterial sofort auszuwerten. Es sei zulässig, dass der Arbeitgeber die Aufzeichnungen erst dann unter die Lupe nimmt, wenn dafür ein Anlass besteht. Allein die Tatsache, dass die Aufzeichnungen erst Monate später ausgewertet wurden, schließe die Verwertung des Videos vor Gericht nicht aus.

Ob die Videoüberwachung aber überhaupt zulässig war, das hat das Bundesarbeitsgericht nicht entschieden. Diese Frage muss nun das Landesarbeitsgericht Hamm klären.

Fazit

Ob die Kündigung wirksam ist und ob die Videoüberwachung am Arbeitsplatz zulässig war, ist durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nicht geklärt. Das Gericht hat aber klar gestellt, dass der Arbeitgeber – wenn die Aufzeichnung denn zulässig war – das Videomaterial auch noch nach Monaten auswerten darf und das Gericht das Material im Kündigungsverfahren berücksichtigen darf.

Lesen Sie hier einen weiteren Beitrag über den Einsatz von Software-Keyloggers, die ebenfalls zur Arbeitnehmerüberwachung eingesetzt werden. Auch dieses Mittel ist nur ausnahmsweise zulässig.

Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 23.08.2018, Az.: 2 AZR 133/18