Kurzarbeit in Zeiten des Corona-Virus
Informationen zu Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Das Corona-Virus hat mittlerweile Deutschland nahezu lahmgelegt und mit Schlimmerem ist zu rechnen. Es wird in sämtlichen Branchen zu Einschränkungen kommen, die in der Regel mit einem Arbeits- bzw. Entgeltausfall verbunden sein werden. Zur Milderung der hierdurch entstehenden wirtschaftlichen Belastungen haben Arbeitgeber die Möglichkeit, Kurzarbeit einzuführen und Kurzarbeitergeld zu beantragen.
Die Bundesregierung hat hierzu wesentliche Erleichterungen geschaffen, die auch kleineren Betrieben und Unternehmen helfen, die von einem Arbeitsausfall betroffen sind, der nicht den Großteil der Arbeitnehmer betrifft.
Kurzarbeitergeld rückwirkend ab 1. März
Das Kurzarbeitergeld wegen der Corona-Krise kann kurzfristig fließen und bereits jetzt beantragt werden. Wie Bundesarbeitsminister Heil mitteilte, tritt es rückwirkend zum 1. März in Kraft und wird auch rückwirkend ausgezahlt.
Was ist Kurzarbeit?
Unter Kurzarbeit wird eine vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen normalen Arbeitszeit verstanden. Hat die Kurzarbeit eine vorübergehende Einstellung der Arbeit zur Folge, wird von sog. Kurzarbeit Null gesprochen.
Kommt es zu einem vorübergehenden Arbeitsausfall kann es für den Arbeitgeber notwendig werden, Kurzarbeit anzuordnen. Der Arbeitsausfall kann neben wirtschaftlichen Gründen oder betrieblichen Strukturveränderungen auch unabwendbare Ereignisse wie Corona zur Ursache haben. Die Anordnung der Kurzarbeit soll zum einen die Entlastung des Betriebes durch Senkung der Personalkosten ermöglichen und andererseits die Erhaltung der Arbeitsplätze sicherstellen.
Voraussetzungen der Anordnung von Kurzarbeit
1. Für die Anordnung von Kurzarbeit bedarf es einer besonderen rechtlichen Grundlage
Der Arbeitgeber kann nicht ohne weiteres einseitig Kurzarbeit anordnen. Dies muss vorher vereinbart sein. Die Berechtigung, Kurzarbeit einseitig anzuordnen, kann sich aus einer auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren kollektiven Regelung (Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung) oder auch unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Lässt der Arbeitsvertrag eine einseitige Kurzarbeitsanweisung nicht generell zu, muss der Arbeitgeber eine beabsichtigte Kurzarbeit mit den betroffenen Arbeitnehmern vorher individuell vereinbaren. Solch eine Einzelfallvereinbarung bedeutet zwar Zeit- und Verhandlungsaufwand für den Arbeitgeber und hängt von der Zustimmung des Arbeitnehmers ab, bietet aber den Vorteil, dass sie zeitlich nicht die ansonsten einzuhaltende Ankündigungsfrist bei der Kurzarbeit voraussetzt. Deshalb kann eine Zusatzvereinbarung auch sinnvoll sein, wenn bereits eine Regelung im Arbeitsvertrag existiert. Gleichzeitig kann der Arbeitgeber sich die spätere einseitige Anordnung bzw. Verlängerung der Kurzarbeit vorbehalten, z.B. für den Fall, dass die Betriebsschließung länger andauert. Die Vereinbarung der Kurzarbeit muss vor der Einführung der Kurzarbeit liegen, sonst ist sie unwirksam.
Einen Sonderfall der Einführung von Kurzarbeit auch ohne Arbeitsvertrags-, Betriebsvereinbarungs- oder Tarifregelung regelt § 19 KSchG unter bestimmten Voraussetzungen bei beabsichtigten Massenentlassung.
Prüfen Sie zunächst in den bestehenden Arbeitsverträgen, ob es bereits eine Regelung zur Kurzarbeit gibt. Diese findet sich (zumindest in den von uns entworfenen Verträgen) meist unter „Arbeitszeit“. Findet sich in der Regelung eine Ankündigungsfrist für Kurzarbeit, müssen Arbeitgeber diese einhalten oder versuchen, mit den Arbeitnehmern eine kurzfristigere Zusatzvereinbarung zu schließen.
2. Es muss ein erheblichen Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegen
Der Arbeitsausfall muss auf bestimmte, gesetzliche anerkannte Ursachen zurückzuführen sein. Er muss auf wirtschaftlichen Ursachen oder einem unabwendbaren Ereignis beruhen. Ein unabwendbares Ereignis liegt insbesondere dann vor, wenn etwa durch staatliche Schutzmaßnahmen Betriebe geschlossen werden, wie es z.B. jetzt der Fall ist. Auch wenn der Arbeitsausfall in Betrieben mit großer Öffentlichkeit auf einer behördlichen Empfehlung beruht, kommt wohl Kurzarbeit in Betracht.
Der Arbeitsausfall ist erheblich, wenn mindestens ein Drittel der Beschäftigten wegen des Arbeitsausfalls ein um mehr als 10 % vermindertes Entgelt erzielt. Die Bundesregierung wird die Anzahl der betroffenen Beschäftigten voraussichtlich auf 10 % verringern, wenn die Umsetzungsverordnung des Arbeit-von-Morgen-Gesetzes in Kraft tritt (siehe unten). Die Kurzarbeit muss für die betroffenen Arbeitnehmer nicht in gleichem Maße vereinbart werden.
3. Der Arbeitsausfall muss vorübergehend sein
Ein Arbeitsausfall ist vorübergehend, wenn mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit innerhalb der Bezugsdauer wieder mit dem Übergang zur Vollarbeit gerechnet werden kann. Auch das ist im Moment anzunehmen.
4. In dem betroffenen Betrieb muss mindestens ein Arbeitnehmer beschäftigt sein
Ein Anspruch auf Kurzarbeitergelt haben nur Arbeitnehmer, die in einem ungekündigten versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis mit dem Arbeitgeber stehen. Also auch Kleinbetriebe haben einen Anspruch auf Kurzarbeit.
5. Der Arbeitsausfall muss von dem Betrieb unverzüglich der Bundesagentur für Arbeit angezeigt werden
Der Arbeitsausfall ist vom Arbeitgeber bei der Agentur für Arbeit, in deren Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat, möglichst schnell anzuzeigen. Kurzarbeitergeld wird grundsätzlich frühestens für den Kalendermonat gezahlt, in dem die Anzeige bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist. Nach dieser Regelung reicht es aus, wenn die Anzeige am 31. März 2020 eingeht, damit Kurzarbeitergeld z.B. bereits für ab Mitte März erstattet wird.
Kurzarbeitergeld wird nur auf schriftlichen Antrag des Arbeitgebers gezahlt. Der Antrag auf das Kurzarbeitergeld ist mit einem von der Anzeige des Arbeitsausfalls gesonderten Formular zu stellen. Arbeitgeber sollten unbedingt darauf achten, vollständige Unterlagen zum Nachweis der Voraussetzungen der Kurzarbeit (insbesondere vertragliche Vereinbarungen, Anordnungen, Änderungskündigungen etc.) einzureichen.
Der Antrag auf das Kurzarbeitergeld (nicht die Anzeige, die bis zum Ende des Monats gestellt werden muss) ist innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten bei der zuständigen Agentur für Arbeit zu stellen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Tage liegen, für die Kurzarbeitergeld beantragt wird. Für beides finden Sie die Anträge auf der Webseite der Bundesagentur für Arbeit: www.arbeitsagentur.de
Rechtsfolge: Anspruch auf Kurzarbeitergeld
Die Anordnung der Kurzarbeit führt zu einer (teilweisen) Aufhebung der Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer wird von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit, verliert aber gleichzeitig auch seinen Vergütungsanspruch. Wird die Arbeitszeit verringert, zahlt der Arbeitgeber also ein entsprechend verringertes Gehalt. Als Ausgleich erhält er dann aber einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.
Das Kurzarbeitergeld wird durch die Bundesagentur an den Arbeitgeber ausgezahlt. Der Arbeitgeber berechnet das Kurzarbeitergeld selbst und zahlt es auch selbst an die Arbeitnehmer aus. Dementsprechend muss das Kurzarbeitergeld vom Arbeitgeber ausgelegt werden, bis die Agentur für Arbeit die Zahlungen an den Arbeitgeber leistet. Zur Erstattung muss der Arbeitgeber sich den Empfang des Kurzarbeitergelds durch die Arbeitnehmer bestätigen lassen. Der Arbeitgeber kann im Formular des Antrags auf Kurzarbeitergeld auch beantragen, sich von dieser Pflicht befreien zu lassen.
Kurzarbeitergeld ist eine Leistung, die aus der Arbeitslosenversicherung gezahlt wird. Es ist nicht lohnsteuerpflichtig und stellt kein Entgelt im Sinne der Sozialversicherung dar.
Die gesetzliche Bezugsdauer beträgt höchstens 12 Monate. Sie kann durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf bis zu 24 Monate verlängert werden. Die Förderungshöhe berechnet sich nach dem Nettoentgeltausfall. Die Kurzarbeitenden erhalten grundsätzlich 60% des ausgefallenen pauschalisierten Nettoentgeltes. Lebt mindestens ein Kind mit im Haushalt beträgt das Kurzarbeitergelt 67 % des ausgefallenen pauschalerten Nettoentgelts.
Arbeitnehmer bleiben in allen Zweigen der Sozialversicherung versichert, auch bei vollständigem Arbeitsausfall bzw. Kurzarbeit Null. Soweit der Arbeitnehmer sog. Kurzlohn für tatsächlich weiter geleistete Arbeit erhält, tragen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge, die sich aus diesem Entgelt ergeben, je zur Hälfte. Den Zuschlag zur Pflegeversicherung für Kinderlose trägt der Arbeitnehmer auch während der Kurzarbeit allein.
Aus dem Kurzarbeitergeld fällt kein Arbeitnehmerbeitrag zur Arbeitslosenversicherung und kein Beitragszuschlag zur Pflegeversicherung für Kinderlose an. Der Arbeitgeber trägt die Beiträge für das Kurzarbeitergeld allein. Die Höhe der Beiträge des Arbeitgebers wird nach einem sog. fiktiven Arbeitsentgelt berechnet. Das fiktive Arbeitsentgelt beträgt 80 Prozent des Bruttounterschiedsbetrages zwischen Soll-Entgelt und Ist-Entgelt. Das Soll-Entgelt ist nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen.
Die wirksame Einführung von Kurzarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist rechtlich unabhängig von der Gewährung des Kurzarbeitergeldes durch die Agentur für Arbeit. Die Arbeitszeit wird unabhängig davon verkürzt, ob der Arbeitgeber die Kurzarbeit ordnungsgemäß anzeigt und Kurzarbeitergeld beantragt. Der Arbeitgeber ist gegenüber dem Arbeitnehmer verpflichtet, die Anzeige bei der Agentur für Arbeit rechtzeitig und ordnungsgemäß zuzustellen und ihr alle notwendigen Informationen zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes zu geben. Der Arbeitgeber ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich nur in „Ausnahmefällen“ verpflichtet, rechtlich gegen einen ablehnenden Bescheid vorzugehen. Arbeitnehmer sind nicht berechtigt, ihre Ansprüche auf Kurzarbeitergeld selbst geltend zu machen.
Ist die Kurzarbeit unwirksam vereinbart, dann ist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber verpflichtet, Annahmeverzugslohn in voller Höhe des normalen Entgelts zu zahlen. Wenn die Kurzarbeit wirksam vereinbart bzw. angeordnet wurde, aber es kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht, haftet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in Höhe des Kurzarbeitergeldes.
Gesetzesentwurf – Erleichterter Zugang zur Kurzarbeit
Das Bundeskabinett hat am 10. März 2020 den Gesetzesentwurf „Arbeit-von-Morgen-Gesetz“ vorbereitet. Ziel des Gesetzes ist es, den Zugang zu Kurzarbeit aufgrund des Corona Virus zu erleichtern. Um für krisenhafte Zeiten gewappnet zu sein, soll eine bis Ende 2021 befristete Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung in das Gesetz aufgenommen werde, die es erlaubt, den Zugang zu Kurzarbeitergeld zu erleichtern und Betriebe zu entlasten. Diese Maßnahme soll vor allem den Unternehmen zu Gute kommen, die von den Auswirkungen des Corona-Virus betroffen sind.
Folgende Erleichterung für die Anordnung von Kurzarbeit enthält der Gesetzes-Entwurf:
Künftig soll die Zugangsschwelle zur Kurzarbeit gesenkt werden: Lohnkostenzuschüsse soll es bereits geben, wenn 10 Prozent der Belegschaft von Arbeitsausfall betroffen sind. Die Schwelle lag bisher bei einem Drittel der Belegschaft.
ACHTUNG: Diese 10 Prozent müssen sich nicht auf den gesamten Betrieb beziehen. Auch organisatorisch abtrennbare Betriebsabteilungen können zur Berechnung herangezogen werden.
Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitensalden vor Zahlung des Kurzarbeitergeldes soll vollständig oder teilweise verzichtet werden können. Das geltende Recht verlangt, dass in Betrieben, in denen Vereinbarungen zur Arbeitszeitschwankungen genutzt werden, diese auch zur Vermeidung von Kurzarbeit eingesetzt werden und ins Minus gefahren werden.
Neu ist auch, dass das Kurzarbeitergeld befristet auch für Leiharbeitende bezahlt werden soll.
Außerdem sollen auch die Beiträge zur Sozialversicherung unter bestimmten Voraussetzungen von der Bundesagentur für Arbeit übernommen werden. Bisher mussten die Arbeitgeber diese zumindest anteilig übernehmen, wofür ein kompliziertes Berechnungsverfahren notwendig war.
Nach aktuellem Stand (16. März 2020) wird die Verordnung zur Umsetzung dieser Erleichterungen frühestens kommenden Mittwoch den 18. März 2020 erarbeitet sein und wohl in der ersten Aprilhälfte in Kraft treten.
UPDATE:
Kurzarbeitergeld rückwirkend ab 1. März
Das Kurzarbeitergeld wegen der Corona-Krise kann kurzfristig fließen und bereits jetzt beantragt werden. Wie Bundesarbeitsminister Heil mitteilte, tritt es rückwirkend zum 1. März in Kraft und wird auch rückwirkend ausgezahlt.
Fazit: Kurzarbeit mag für die meisten Arbeitgeber eine unbekannte und auch erschreckende Maßnahme sein. Kurzarbeitergeld ist aber erstens unkompliziert zu beantragen und zweitens oft die einzige Möglichkeit, Kündigungen zu vermeiden.