Home-Office und Mobile Office
Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern haben Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Deutschland derzeit keinen gesetzlich verankerten Anspruch auf „Home-Office“. Ob sich dies in Zukunft ändern wird, bleibt abzuwarten. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil wirbt bereits vehement für seinen Gesetzesentwurf zum „Recht auf Home-Office“.
Während der Corona-Krise ist arbeitsrechtlich vor allem das Thema Home-Office ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Viele Betriebe haben sich mit ihren Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen vorübergehend auf verschiedene Home-Office- und Mobile-Office-Lösungen geeinigt. Doch was steckt rechtlich hinter diesen Begriffen? Und was ist bei der Vereinbarung mobiler Arbeitsmodelle zu beachten?
Home-Office, Mobile Office oder Telearbeit?
Bei der Telearbeit / dem Home-Office wird ein fester Bildschirm-Arbeitsplatz in den Wohnräumen des Arbeitnehmers eingerichtet, der die Anforderungen an eine Arbeitsstätte nach der Arbeitsstättenverordnung erfüllen muss. Dabei werden feste Zeiten für die Telearbeit vereinbart. Entweder wird nur von dem Telearbeitsplatz aus gearbeitet oder regelmäßig an einigen Wochentagen.
Beim „Mobile Office“ oder „Remote Office“ werden keine festen Zeiten und kein fester Ort für die Arbeit vereinbart. Die Mitarbeiter können also von zu Hause aus, oder an einem beliebigen anderen Ort arbeiten. Hier ist die „Arbeitsstättenverordnung“ nicht anwendbar, als Arbeitgeber müssen Sie aber durch entsprechende Anweisungen trotzdem sicherstellen, dass die Arbeitsschutzgesetze und die Arbeitszeiten, sowie die Datenschutzregelungen eingehalten werden.
Einführung des Home-Office?
Das Home-Office kann nicht einseitig angeordnet werden, da die Wohnung dem Zugriff des Arbeitgebers wegen Art. 13 GG entzogen ist.
Das Mobile Office darf nicht einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden, wenn arbeitsvertraglich ein Arbeitsort „in einer Betriebsstätte“ festgelegt ist, denn diese Anordnung ist vom arbeitgeberseitigen Weisungsrecht nach der aktuellen Rechtsprechung nicht umfasst (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.10.2018, Az. 17 Sa 562/18).
Die Arbeitsumstände bei einer von zu Hause aus ausgeführten Tätigkeit sind mit einer Tätigkeit, die in einer Betriebsstätte zusammen mit weiteren Mitarbeitern des Arbeitgebers auszuüben ist, nicht zu vergleichen. Der unmittelbare Kontakt zu Kollegen geht verloren und die Möglichkeit, sich mit ihnen auszutauschen, wird deutlich verringert. Die Grenzen von Arbeit und Freizeit bzw. Privatsphäre werden fließend. Der Arbeitnehmer ist für die betriebliche Interessenvertretung und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften schwerer erreichbar. Dass Arbeitnehmer gleichwohl z.B. zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf an einer Telearbeit interessiert sein können, ändert nichts daran, dass diese Form der Arbeit einem Arbeitnehmer in aller Regel nicht einseitig von dem Arbeitgeber zugewiesen werden kann.
Wird dem Arbeitnehmer wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung gekündigt, weil er sich weigert, ins Home-Office zu gehen, ist die Kündigung nach dem LAG Berlin-Brandenburg unwirksam. Eine deswegen erteilte Abmahnung musste in dem Fall aus der Personalakte entfernt werden.
Wenn der Arbeitsort vertraglich nicht festgelegt ist, kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Rahmen des Weisungsrechts nach § 106 GewO bei betrieblichen Gründen im Rahmen billigen Ermessens zwar einen Arbeitsort zuweisen. Ohne vorherige Vereinbarung kann der Arbeitgeber jedoch nicht einseitig und gegen den Willen des Arbeitnehmers Home-Office anordnen. Ob der Arbeitsort auch im „Mobilen Office“ liegen kann, ist von der Rechtsprechung bisher nicht geklärt. Ein Eingriff in Art. 13 GG kann trotzdem vorliegen, wenn klar ist, dass der Arbeitnehmer hauptsächlich von zu Hause aus arbeiten wird.
In der Praxis sollte in jedem Einzelfall schriftlich vereinbart werden, dass und für welchen Zeitraum ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin ins Home-Office oder Mobile Office gehen darf. Es kann auch geregelt werden, dass jemand „bis auf Weiteres“ im Mobile Office ist.
In Betrieben, in denen ein Betriebsrat besteht, wird die Einführung von mobilem Arbeiten bzw. einem Telearbeitsplatz auf Grundlage einer Betriebsvereinbarung wohl unumgänglich sein. Bei der Einführung von mobiler Arbeit bzw. Telearbeit können Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates betroffen sein, so dass dessen Beteiligung notwendig ist.
Beendigung des Home-Office
Die Beendigung der Tätigkeit im Mobilen Office oder Home-Office ist grundsätzlich vom Weisungsrecht des Arbeitgebers umfasst.
Selbst wenn dem Mitarbeiter bis auf weiteres die Möglichkeit eingeräumt wurde, im Home-Office zu arbeiten, bedeutet dies nicht, dass sich der Arbeitgeber ihm gegenüber hierzu dauerhaft verpflichten wollte (LAG Köln v. 24.6.2010, 9 Ta 192/10).
Wenn es keine ausdrückliche Home-Office-Vereinbarung gibt, käme höchstens eine (konkludente) Konkretisierung des Arbeitsortes in Betracht. Dies würde aber voraussetzen, dass dem Mitarbeiter über lange Zeit immer derselbe Arbeitsort zugewiesen wurde und er aus den Umständen schließen durfte, der Arbeitsvertrag beschränke sich lediglich auf diesen Einsatzort (BAG v. 17.1.2006, 9 AZR 226/05). Diese Voraussetzungen werden aber nur in seltenen Fällen erfüllt sein.
Ansonsten kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts anordnen, dass der Arbeitnehmer aus dem Mobile Office zurück ins Büro kommt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn es hierfür betriebliche Erfordernisse gibt und keine schutzwürdigen Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen. Ein willkürliches „Zurückholen“ ohne jegliche Gründe wird im Rahmen des Direktionsrechts nicht möglich sein. Etwas anderes kann auch nicht wirksam durch eine Vereinbarung in AGB oder „Guidelines“ bestimmt werden, so auch das LAG Düsseldorf. Es erklärte eine Vereinbarung in den Allgemeinen Vertragsbedingungen für unwirksam, welche die Beendigung der Telearbeit für den Arbeitgeber voraussetzungslos ermöglichte und nicht erkennen ließ, dass dabei auch die Interessen des Arbeitsnehmers zu berücksichtigen waren. Im Fall des Vorhandenseins eines Betriebsrates ist dessen Zustimmung bei Beendigung der Telearbeit ebenfalls einzuholen, da sie regelmäßig eine Versetzung im Sinne des § 95 Abs.3 Satz 1 BetrVG darstellt.
Eine Mobile-Office Richtlinie/Rahmenvereinbarung oder vertragliche Vereinbarung sollte so formuliert werden, dass das Mobile Office im Ermessen des Arbeitgebers beendet werden kann, wenn das betriebliche Interesse dies erfordert und schutzwürdige Interessen des Arbeitnehmers nicht überwiegen. Ob detaillierte Gründe für die Beendigung geregelt werden müssen, ist noch nicht von der Rechtsprechung geklärt – hier ist rechtlich noch vieles unklar.
Weitere mögliche Inhalte einer Mobile-Office Vereinbarung
Datenschutz:
Es sollte eine Regelung zum Datenschutz im Mobile Office getroffen werden. Die Vorschriften zum Datenschutz sind auch im Home-Office zu beachten. Hier besteht sogar ein besonderes Schutzbedürfnis, da der Arbeitgeber seine Einflussmöglichkeit begrenzt, indem er die Datenverarbeitung örtlich auslagert. Nach 25 II DSGVO hat der Arbeitgeber geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen, die sicherstellen, dass nur personenbezogene Daten, deren Verarbeitung für den jeweiligen bestimmten Verarbeitungszweck erforderlich ist, verarbeitet werden. Solche Maßnahmen müssen insbesondere sicherstellen, dass personenbezogene Daten durch Voreinstellungen nicht ohne Eingreifen der Person einer unbestimmten Zahl von natürlichen Personen zugänglich gemacht werden. Hier besteht beim Home-Office ein erhöhter Handlungsbedarf.
Arbeitsschutz:
Auch beim mobilen Arbeiten treffen den Arbeitgeber die arbeitsschutzrechtlichen Pflichten. Diesen Pflichten wird in erster Linie durch eine umfassende Information der Mitarbeiter zur Sicherheit am Arbeitsplatz genügt. Ein Muster für entsprechende Hinweise zum Arbeitsschutz finden Sie hier als PDF zum Download . Zudem sind Arbeitgeber verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und zu dokumentieren. Insbesondere in Fällen, in denen Arbeitnehmer im Ausland vom Mobile Office aus arbeiten, empfiehlt sich hier eine Strategie zum Risikomanagement.
Arbeitszeiten:
Es sollte sichergestellt werden, dass die Mitarbeiter Kenntnis von den maßgeblichen Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes, insbesondere maximalen Arbeitszeiten haben. Eine Dokumentation der Arbeitszeiten sollte unbedingt Bestandteil der Mobile-Office Vereinbarung sein.
Arbeitsmittel:
Werden private oder geschäftliche Notebooks, Smartphones, etc. genutzt? In letzterem Fall sollten Mitarbeiter verpflichtet werden, die im Eigentum des Arbeitgebers stehenden Geräte auch ausschließlich geschäftlich zu nutzen. Die private Nutzung sollte aus Datenschutzgründen möglichst ausgeschlossen werden.
Monitoring/Überwachen von Computern und Internet:
Bei privater Nutzung von Geräten wird ein Monitoring nicht zulässig sein. Bei rein geschäftlicher Nutzung ist das allerdings meist anders zu bewerten, da die persönlichen Daten und die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter nicht im selben Maß betroffen sind.