Trennlinie

Versuchs eines Sprengstoffvergehens – Rechtfertigt außerdienstliche Straftat die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses?

Montag, 04.06.2018

Das Begehen einer Straftat kann nicht nur Sanktionen durch den Staat, wie Geld- oder Freiheitsstrafen, nach sich ziehen, sondern auch Folgen für das Arbeitsverhältnis des Täters haben. Dies liegt auf der Hand, wenn die Straftat im Rahmen des Arbeitsverhältnisses begangen wird. Eine Kündigung ist dann in aller Regel möglich, häufig sogar fristlos und ohne vorherige Abmahnung. Aber auch eine außerdienstliche Straftat kann im Einzelfall eine Kündigung rechtfertigen.

Im Fall eines in der Qualitätssicherung eines Chemieunternehmens tätigen Arbeitnehmers, der wegen des Versuchs eines Sprengstoffvergehens verurteilt worden war, lagen die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung allerdings nicht vor.

Dies hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 12. April 2018 entschieden.

Zum Hintergrund: Außerdienstliche Straftat

Was Arbeitnehmer außerhalb der Arbeitszeit tun oder lassen, geht den Arbeitgeber grundsätzlich nichts an. Das Arbeitsverhältnis einerseits und die private Lebensgestaltung andererseits sind getrennte Bereiche. Nur ausnahmsweise und unter strengen Anforderungen kann daher eine im privaten Bereich begangene Straftat eine Kündigung rechtfertigen.Außerdienstliche Straftat

Sie kommt allerdings dann in Betracht, wenn sich aus dem außerdienstlichen Verhalten ernsthafte Zweifel an der Zuverlässigkeit oder der Eignung des Arbeitnehmers ergeben. Dabei sind die Art und Schwere des Delikts, die konkret nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Tätigkeit sowie die Stellung im Betrieb zu berücksichtigen. Grundsätzlich muss ein gewisser Zusammenhang zwischen der Straftat und der beruflichen Tätigkeit gegeben sein (z.B. außerdienstlich begangene Geldwäschedelikte einer Bankangestellten).

Zum Sachverhalt: Sprengstofffund und Verurteilung

Im vorliegenden Fall war der Arbeitnehmer bereits seit 15 Jahren in einem Chemieunternehmen tätig. Er war dort im Labor in der Qualitätssicherung eingesetzt. Im August 2016 wurden von der Polizei in seiner Wohnung 1,5 kg Sprengstoff sowie 1 kg eines Betäubungsmittels sichergestellt. In der Folge wurde der Arbeitnehmer wegen des Versuchs eines Sprengstoffsvergehens strafgerichtlich verurteilt.

Die Arbeitgeberin, die über die Medien von dem Strafverfahren und der Verurteilung erfahren hatte, erklärte die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Gegen diese Kündigung zog der Arbeitnehmer vor die Arbeitsgerichte.

Zur Entscheidung: Ernsthafte Zweifel an Eignung nicht begründet

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf sah die fristlose Kündigung als unwirksam an. Die außerdienstlich begangene Straftat reiche nicht aus, hinreichende Zweifel an der Zuverlässigkeit oder der Eignung des Arbeitnehmers zu begründen.

Das Landesarbeitsgericht stellte dabei auf den konkreten Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmers ab. Im Unternehmen habe der Arbeitnehmer zwar grundsätzlich Zugang zu gefährlichen Chemikalien. Allerdings käme er damit in der Qualitätssicherung, in der er eingesetzt ist, nicht in Berührung. Zudem sei die lange Betriebszugehörigkeit von ca. 15 Jahren zu berücksichtigen. Die außerordentliche, fristlose Kündigung sei daher nicht gerechtfertigt.

Fazit

Eine außerdienstliche Straftat rechtfertigt nur in Ausnahmefällen eine fristlose Kündigung. Die Anforderungen sind hoch und es kommt stets auf eine Abwägung der Interessen beider Seiten an. Relevant sind dafür insbesondere die Art und Schwere des Delikts, die konkrete Arbeitsaufgabe, die Stellung im Betrieb sowie die Dauer der Betriebszugehörigkeit.

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.04.2018, Az.: 11 Sa 319/17