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Zwischen Glühwein und Spekulatius: Was gilt arbeitsrechtlich für Beziehungen am Arbeitsplatz?

Montag, 15.12.2025

Die Weihnachtszeit ist die Zeit der Liebe – und das oft auch im Büro. Wenn Plätzchen in der Kaffeeküche verteilt werden, der Duft von Punsch durch die Flure zieht und die Weihnachtsfeier ihren lockeren Ausklang findet, rücken viele Kolleginnen und Kollegen ein Stück näher zusammen. Es überrascht daher kaum, dass sich ein großer Teil der Menschen am Arbeitsplatz verliebt – dort verbringt man schließlich viel gemeinsame Zeit. Zwischen Glühwein und Spekulatius entstehen dann schneller Gefühle, als man denkt.

Doch so romantisch das klingt: Bei vielen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sorgt genau dieser Umstand für Unbehagen. Was bedeutet eine solche Beziehung für das Arbeitsverhältnis? Welche Regeln gelten in Deutschland? Und wo liegen die Grenzen?

Viele Unternehmen stehen Liebesbeziehungen im eigenen Haus skeptisch gegenüber. Befürchtet werden vor allem Interessenkonflikte, etwa bei Beförderungen oder der Verteilung attraktiver Projekte, Abhängigkeiten durch Hierarchien oder Probleme bei der Trennung von Beruflichem und Privatem. Deshalb versuchen manche Arbeitgeber:innen, klare Regeln in Verhaltensrichtlinien festzulegen. Einige Arbeitgeber:innen versuchen – ähnlich wie im amerikanischen Recht – Beziehungen zu verbieten. Doch hier setzt das deutsche Arbeitsrecht klare Grenzen.

Ein pauschales Verbot von Liebesbeziehungen am Arbeitsplatz ist nicht zulässig. Eine intime Beziehung zwischen erwachsenen Menschen gehört zum verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht. Das umfasst das Recht, selbst zu entscheiden, mit wem man eine Beziehung oder Freundschaft eingeht. Gerichte haben mehrfach bestätigt, dass Arbeitgeber:innen keine Weisung erteilen dürfen, Beziehungen zu unterlassen. Ein solcher Eingriff wäre unverhältnismäßig. Das bedeutet auch, dass Abmahnungen wegen einer Beziehung oder eine verhaltensbedingte Kündigung aus diesem Grund nicht in Betracht kommen. Auch eine Versetzung ist in der Regel arbeitsrechtlich kaum haltbar.

Auch ein partielles Verbot von bestimmten Konstellationen, z.B. wenn ein Über- und Unterordnungsverhältnis besteht, ist aufgrund des Persönlichkeitsrechtes nicht zulässig.

Allerdings heißt das nicht, dass Arbeitgeber völlig tatenlos bleiben müssen. Kommt es aufgrund einer Beziehung im Betrieb zu Problemen, dürfen Arbeitgeber:innen eingreifen, um den Betriebsfrieden zu sichern. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn Spannungen im Team entstehen, die Zusammenarbeit leidet oder eine sichtbare Bevorzugung im Arbeitsalltag erfolgt. Besonders häufig geht es um klassische Interessenkonflikte: Wenn eine verliebte Führungskraft etwa Beförderungen, Gehaltserhöhungen, die Urlaubsplanung, die Dienstplangestaltung oder die Vergabe attraktiver Projekte zugunsten der Partnerin oder des Partners beeinflusst, liegt ein nachvollziehbarer Anlass für ein Einschreiten vor. In solchen Situationen sind Maßnahmen der Arbeitgeber:innen grundsätzlich möglich, jedoch immer nur im konkreten Einzelfall und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

Damit Arbeitgeber:innen in irgendeiner Form reagieren können, müssen sie wissen, ob ein Interessenkonflikt droht. Daher ist eine Offenlegungspflicht in bestimmten Konstellationen zulässig. Dies gilt z.B. wenn zwei Personen in einem direkten Hierarchie- oder Abhängigkeitsverhältnis stehen. Auch wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin an der Einstellung einer Person beteiligt ist, zu der bereits eine Beziehung besteht, ist eine Offenlegung erforderlich. Dieser Eingriff gilt als moderat und ist zur Wahrung berechtigter Unternehmensinteressen erlaubt.

Bei Beziehungen auf gleicher Hierarchiestufe gibt es dagegen meist keinen Grund, eine Offenlegung zu verlangen – hier kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalls an.

Was bedeutet das für Arbeitnehmer:innen?

Die gute Nachricht: Eine „verbotene Liebe“ gibt es im deutschen Arbeitsrecht nicht. Beschäftigte dürfen sich am Arbeitsplatz und gerade auch auf der Weihnachtsfeier verlieben. Wichtig ist lediglich, dass sie ihre arbeitsvertraglichen Nebenpflichten einhalten, indem sie Rücksicht auf Kolleginnen und Kollegen nehmen, keine Betriebsgeheimnisse weitergeben und keine übertriebene Arbeitszeitvergeudung durch private Gespräche entsteht.

Solange die Beziehung keine negativen Auswirkungen auf den Arbeitsablauf oder das Team hat, müssen Arbeitnehmer:innen keine Sanktionen befürchten.

Was bedeutet das für Arbeitgeber:innen?

Verbote von Beziehungen am Arbeitsplatz sind tabu. Stattdessen sollten klare, verhältnismäßige und rechtlich zulässige Regelungen getroffen werden, die echte Interessenkonflikte und Verstöße gegen das AGG verhindern. Offenlegungspflichten in Abhängigkeitsverhältnissen sind ein wirksames und zugleich zulässiges Mittel.

Und so lässt sich sagen: Auch wenn die Funken zwischen Plätzchen und Punsch sprühen – arbeitsrechtlich ist die Weihnachtsromanze meist unproblematisch. Solange Herz und Hirn gemeinsam arbeiten, steht der Liebe am Arbeitsplatz nichts im Weg.