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Langfristig erkrankt? – Wiedereingliederungsmaßnahmen und ihre Auswirkungen

Dienstag, 09.12.2025

Nach einem Unfall oder längerer Krankheit soll Arbeitnehmer:innen die Möglichkeit gegeben werden, wieder in ihren Beruf einzusteigen. Möglichkeiten hierfür sind das betriebliche Eingliederungsmanagement (bEM) und eine stufenweise Wiedereingliederung.

 

Das bEM-Verfahren

Arbeitgebende sind dazu verpflichtet, Beschäftigten nach einer Krankheit ein bEM anzubieten, wenn sie innerhalb eines Jahres, länger als sechs Wochen, ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind. Beim bEM werden Gespräche geführt, in denen, in einem geschützten Rahmen, gemeinsam mit Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden ergebnisoffen überlegt wird, ob und wenn ja, wie eine Wiedereingliederung möglich ist. Das bEM kommt vor allem in Betracht, wenn Arbeitnehmer:innen voraussichtlich langfristig ihren Job nicht mehr wahrnehmen können. Arbeitnehmer:innen können dieses Angebot annehmen, müssen es jedoch nicht. Ob sie ein bEM wahrnehmen möchten, obliegt ganz ihnen. Wird ein solches bEM durchgeführt, entscheiden die Beschäftigten selbst darüber, welche Informationen über ihre Krankheit sie mit den Arbeitgebenden teilen möchten.

Arbeitgeber:innen müssen die Beschäftigten zur Teilnahme an dem Verfahren einladen. Die genauen Anforderungen an eine solche Einladung sind gesetzlich festgelegt. So muss z.B. auf die Möglichkeit hingewiesen werden, dass die Beschäftigten eine Vertrauensperson wählen können, die dann an dem bEM-Verfahren beteiligt wird.

Von Arbeitgeber:innenseite wird ein Team zusammengestellt, das in gemeinsamen Gesprächen mit dem jeweiligen Arbeitnehmer bzw. der jeweiligen Arbeitnehmerin überlegt, wie konkret eine Wiedereingliederung erfolgen kann. Die Möglichkeiten für etwaige Lösungen sind dabei vielseitig. Ein schematisches Vorgehen ist hierbei meist nicht zielführend. Es ist in jedem Einzelfall zu schauen, welche Bedürfnisse der/die Arbeitnehmer:in hat und was Arbeitgeber:innen auf der anderen Seite leisten können.

Da Arbeitgeber:innen gesetzlich verpflichtet sind ein bEM anzubieten, muss dieses Verfahren vor einer krankheitsbedingten Kündigung grundsätzlich stattfinden. Für Arbeitgeber:innen genügt es aber, das bEM korrekt anzubieten. Es muss nicht durchgeführt werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer das Angebot ablehnt. Wird das bEM-Verfahren nicht ordnungsgemäß eingeleitet und geführt, kann keine Kündigung erfolgen. Dann muss ein neues ordnungsgemäßes Verfahren durchgeführt werden.

 

Betriebliches Eingliederungsmanagement und Datenschutz

Ein besonderes Augenmerk ist für das gesamte Verfahren auf den Datenschutz zu legen, da im bEM-Verfahren sensible Gesundheitsdaten geteilt werden. So ist z.B. der Inhalt der bEM-Gespräche in einer separaten Akte zu dokumentieren, getrennt von der formellen Personalakte. Auf diese Akte dürfen ausschließlich die Mitglieder des bEM-Teams Zugriff erhalten. In die Personalakte dürfen lediglich folgende Daten aufgenommen werden:

  • Grunddaten, also die Umstände, die zur Verpflichtung der Durchführung des bEM-Verfahrens führen,
  • Ablichtung des Zustimmungsersuchens (Einladung zum bEM),
  • Antwort des Betroffenen,
  • Verweis auf separat zu behandelnde bEM-Akte.

 

Das bEM zusammengefasst

Das bEM kann ein guter Rahmen sein, um zu schauen, wie Arbeitnehmer:innen nach einer Erkrankung zurück in den Beruf kommen können. Gerade für Langzeiterkranke ist es also eine gute Möglichkeit zu prüfen, ob der Beruf noch ausgeführt werden kann oder nicht.

Für die Parteien sind die folgenden wesentlichen Punkte zu beachten:

Für Arbeitnehmer:innen gilt:

  • Die Teilnahme ist freiwillig.
  • Es ist die eigene Entscheidung, welche sensiblen Daten geteilt werden oder nicht.

 

Für Arbeitgeber:innen gilt:

  • Der Datenschutz ist zu beachten.
  • Es ist eine separate bEM-Akte mit geschütztem Zugriff zu führen. Der Zugriff ist nur Mitgliedern des bEM-Teams zu gewähren.
  • Es ist auf eine korrekte Aktenführung der bEM-Akte und der Personalakte zu achten.
  • Es ist eine korrekte Einladung zu erfassen.

 

Die stufenweise Wiedereingliederung

Ein Ergebnis des bEM kann die stufenweise Wiedereingliederung sein. Als therapeutische Maßnahme der Rehabilitation ermöglicht sie es, durch eine angepasste Beschäftigung die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. Diese Möglichkeit zum beruflichen Wiedereinstieg erfolgt oft nach dem sog. Hamburger Modell. Die Tätigkeit wird in mehreren Stufen wieder aufgenommen. Die Arbeitszeit wird langsam erhöht und die Aufgaben werden an den Leistungsstand angepasst. Die Teilnahme an dem Hamburger Modell ist freiwillig.

 

Was bedeutet diese Wiedereingliederung für mein Arbeitsverhältnis?

Wenn die Arbeitsunfähigkeit ärztlich bescheinigt fortbesteht und zum Zwecke der Wiedereingliederung die Tätigkeit wieder aufgenommen wird, ruhen die arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten. Es entsteht ein Rechtsverhältnis eigener Art. Inhalt dieses Rechtsverhältnisses ist nicht der Austausch von Arbeit gegen Entgelt, sondern ausschließlich die Durchführung einer Maßnahme zur Rehabilitation mit dem Ziel der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Leistungsberechtigten.

Die Arbeitnehmer:innen sind also weiterhin krank, weshalb jede Form von Arbeit freiwillig ist und der Erprobung der eigenen Leistungsfähigkeit dient. Das bedeutet, dass Beschäftigte keine Arbeitsleistung erbringen müssen. Gleichzeitig müssen Arbeitgeber:innen keinen Lohn zahlen.

Da das Arbeitsverhältnis ruht, ist auch der Urlaubsanspruch nicht erfüllbar. Die Beschäftigten haben in der Zeit keine Verpflichtung eine Arbeitsleistung zu erbringen. Folglich kann eine Befreiung von der Arbeitspflicht gar nicht erfolgen.

 

Die stufenweise Wiedereingliederung zusammengefasst

Wichtig ist für beide Seiten, sich im Klaren darüber zu sein, dass bei der stufenweisen Wiedereingliederung die Rehabilitation im Mittelpunkt steht. Das Arbeitsverhältnis ruht.

 

Für Arbeitnehmer:innen gilt:

  • Es besteht keine Verpflichtung zur Arbeit.
  • Jede Wahrnehmung von Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ist freiwillig.
  • Es besteht kein Anspruch auf Urlaub.

 

Für Arbeitgeber:innen gilt:

  • Es besteht keine Lohnfortzahlungspflicht für die Zeit der Wiedereingliederung.
  • Eine freiwillige (teilweise) Lohnfortzahlung ist möglich.
  • Es besteht keine Möglichkeit, Arbeitnehmer:innen zur Arbeit zu zwingen.

 

Sie haben Fragen zum bEM oder zur stufenweisen Wiedereingliederung? Wir beraten Sie gerne!