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Fristlose Kündigung bei grober Beleidigung des Chefs möglich

Mittwoch, 21.06.2017

Der Kläger ist 62 Jahre alt und war seit über 23 Jahren in einem familiengeführten kleinen Gas- und Wasserinstallationsbetrieb beschäftigt. Dort arbeiten neben den Geschäftsführern noch deren Mutter im Büro sowie drei Gesellen. Zwischen dem Kläger und dem Vater der Geschäftsführer, der früher den Betrieb geführt hatte, kam es zu einem Gespräch, dessen genauer Wortlaut streitig ist. Der Kläger verließ nach dem Gespräch grußlos den Raum. Dies wurde von einem der Geschäftsführer mit den Worten kommentiert „Kinderkram/Sind wir hier im Kindergarten?“. Der Kläger äußerte sich am nächsten Tag gegenüber den Geschäftsführern in gereiztem Ton dahingehend, dass Geschäftsführer F. gerne den Chef raushängen lasse und sich dessen Vater ihm gegenüber wie ein „Arsch“ benommen haben. Der Geschäftsführer sei auf dem besten Wege, seinem Vater den Rang abzulaufen. Der Kläger äußerte schließlich: „Dann kündigt mich doch“. Darauf entgegnete der Geschäftsführer: „Damit wir dann als soziale Arschlöcher dastehen.“ Der Kläger antwortete, dass die Firma dies sowieso schon sei. Zunächst arbeitete der Kläger nach diesem Gespräch noch weiter, wurde aber am Abend für drei Tage freigestellt. Auch nach Ablauf dieser Freistellung entschuldigte sich der Kläger nicht. Der Arbeitgeber kündigte schließlich fristlos, hilfsweise ordentlich.

Die gegen diese Kündigung gerichtete Klage bleib erfolglos. Das Landesarbeitsgericht begründet die Entscheidung damit, dass ein Arbeitnehmer sich bei groben Beleidigungen nicht auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung berufen könne. Die Äußerungen des Geschäftsführers und dessen Vater seien nicht als Provokation zu bewerten. Besonders schwer wiege die 16-stündige Zeitspanne zwischen den Gesprächen, die eine Affekthandlung ausschließe. Wegen der fehlenden Entschuldigung und der auch noch in der Berufungsverhandlung fehlenden Einsicht des Klägers über sein Fehlverhalten, bedurfte es hier auch keiner Abmahnung. Dem Arbeitgeber als kleinem Familienbetrieb sei es nicht zuzumuten, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen.

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 24. Januar 2017 – 3 Sa 244/16