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Das neue Entgelttransparenzgesetz – wird die Entlohnung jetzt gerechter?

Donnerstag, 20.07.2017

auf einem Papier ist ein Symbol für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern

Es ist schon lange bekannt, dass Frauen weniger verdienen als Männer. In Deutschland beträgt die Differenz zwischen den Bruttostundenlöhnen von Männern und Frauen 21 Prozent. Ein Entgeltunterschied von noch 6 Prozent besteht auch bei gleicher formaler Qualifikation und ansonsten gleichen Merkmalen. Frauen sind somit eindeutig am Arbeitsmarkt benachteiligt.

Diese Entgeltlücke hat vielschichtige Ursachen, wie beispielsweise in der geschlechterspezifischen Berufswahl, weil Frauen häufig in sozialen Berufen (Erziehung, Pflege, etc.) arbeiten, die schlechter bezahlt werden, als etwa traditionell eher männlich assoziierte technische Berufe. Ein weiterer Grund ist auch die mit der Schwangerschaft, Geburt und Kindererziehung einhergehende Unterbrechung der Erwerbstätigkeit, verbunden mit einem häufigen Wiedereinstieg in Teilzeit oder auf Minijob-Basis. Frauen sind außerdem in Führungspositionen unterrepräsentiert.

Um diese Lücke zu schließen, hat der Bundestag am 30. März 2017 einen Gesetzesentwurf mit dem Titel „Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen – Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG)“ beschlossen. Dieses Gesetz hat am 12. Mai 2017 den Bundesrat passiert und ist am 7. Juli 2017 in Kraft getreten.

Für wen gilt das Entgelttransparenzgesetz?

Das Gesetz findet Anwendung für Beschäftigte, die bei einer natürlichen oder juristischen Person sowie rechtsfähigen Personengesellschaften tätig sind. Dazu zählen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Beamtinnen und Beamte des Bundes sowie der sonstigen Aufsicht des Bundes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, Soldatinnen und Soldaten, die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten sowie die in Heimarbeit Beschäftigten sowie die ihnen Gleichgestellten.
 
Was schreibt das Entgelttransparenzgesetz vor?

Es enthält ein Entgeltgleichheitsgebot, nach dem bei Beschäftigungsverhältnissen für gleiche oder gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts der oder des Beschäftigten ein geringeres Entgelt vereinbart oder gezahlt werden darf, als bei einer oder einem Beschäftigten des anderen Geschlechts. Bestimmungen, die dagegen verstoßen sind unwirksam.

In Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten haben einzelne Beschäftigte einen Auskunftsanspruch gegen das Unternehmen über die Kriterien und Verfahren, nach denen das Entgelt bestimmt wird (zum Beispiel nach Tarifvertrag, Vereinbarung mit dem Betriebsrat oder frei verhandelt) und über das Durchschnittsentgelt vergleichbarer Kollegen.

Beschäftigte können Auskunft über das durchschnittliche Bruttogehalt (sog. Median) einer Vergleichsgruppe von 6 Kolleginnen/Kollegen des anderen Geschlechts im gleichen Betrieb verlangen. Daneben haben Sie Anspruch auf Einblick in zwei weitere Entgeltbestandteile (Dienstwagen, Erfolgsprämien, Tantieme usw.). Anfragen sind in Textform an den Betriebsrat zu richten. Existiert im Unternehmen kein Betriebsrat, müssen die Anfragen direkt an das Unternehmen gerichtet werden. In dieser Anfrage ist in zumutbarer Weise die mögliche Vergleichsgruppe zu benennen. Der Betriebsrat oder das Unternehmen muss die Anfrage innerhalb von 3 Monaten beantworten. Bekommt die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter die Antwort nicht rechtzeitig, wird eine Diskriminierung vermutet und der/die Beschäftigte kann auf gleiche Vergütung klagen.

In Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten sollen die Entgeltregelungen und die verschiedenen gezahlten Entgeltbestandteile sowie deren Anwendung auf die Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots geprüft werden. Es muss dann geprüft werden, welche Regelungen schon bestehen und wie die Einhaltung der Entgeltgleichheit garantiert werden kann. Die Selbstprüfung ist aber nicht verpflichtend.

In Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten (die nach § 264 und § 289 HGB lageberichtspflichtig sind), muss ein Bericht über die vom Unternehmen getroffenen Maßnahmen zur Herstellung der Gleichstellung und Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen erstellt werden. Arbeitgeber, bei denen ein Tarifvertrag anwendbar ist, müssen diesen Bericht alle 5 Jahre erstellen, andere Unternehmen alle 3 Jahre. Sanktionen für den Fall des Unterlassens der Berichtserstellung sieht das Gesetz allerdings nicht vor.
 
Ist absehbar, welche Auswirkungen das Entgelttransparenzgesetz haben wird?

Nach offiziellen Angaben sind von diesem Gesetz ca. 14 Millionen Beschäftigte in Deutschland betroffen. Der Anwendungsbereich des EntgTranspG fängt bei Unternehmen erst ab einer Beschäftigtenzahl von 201 statt. Damit betrifft die Prüfung der Entgeltstrukturen auf Einhaltung des Gleichheitsgebots ca. 6.300 Unternehmen. Allerdings handelt es sich dabei nur um eine Empfehlung, die von den Unternehmen freiwillig durchzuführen ist. Zwar kann sich der geforderte Bericht in Zeiten des Fachkräftemangels möglicherweise positiv auf die Außenwirkung eines Unternehmens auswirken. Dennoch ist davon auszugehen, dass die wenigsten Unternehmen einen solchen Bericht erstellen werden. Schließlich müssen sie zunächst die Kosten der Prüfung tragen und setzen sich dann dem Risiko aus, von ihren Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern auf gleiche Bezahlung verklagt zu werden.

Bei vielen Experten bestehen außerdem Zweifel daran, dass der Median eine geeignete Grundlage ist, um Diskriminierung aufzudecken. Es wird sich erst noch zeigen, wie viele von den Beschäftigten von ihrem Informationsrecht Gebrauch machen werden und dieses Recht im Streitfall auch gerichtlich durchsetzen werden. Es ist zu erwarten, dass nur ein geringer Anteil das Arbeitsverhältnis mit einem gerichtlichen Verfahren belasten möchte.
 
Fazit:

Es bleibt abzuwarten, ob mit dem neuen Gesetz tatsächlich eine gerechtere Entlohnung von Frauen erzielt werden kann. Derzeit bestehen erhebliche Zweifel an den positiven Auswirkungen im Hinblick auf die Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Die Unternehmen werden sich auf zusätzlichen Arbeitsanfall einstellen müssen, um den Vorgaben dieses Gesetzes gerecht werden zu können.