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Berechnung von Feiertagsvergütung und Nachtarbeitszuschlägen hat nach Mindestlohn zu erfolgen

Mittwoch, 27.09.2017

Die bei der Beklagten als Montagekraft beschäftigte Klägerin macht mit der Klage einen Anspruch auf eine Vergütung aller im Januar 2015 abgerechneten Arbeits-, Urlaubs- und Feiertagsstunden mit 8,50 Euro brutto geltend und begründet dies damit, dass auch der Nachtarbeitszuschlag auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen sei. Der auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Manteltarifvertrag sieht einen u.a. einen Nachtarbeitszuschlag und ein Urlaubsentgelt vor. Die Beklagte zahlte für den Monat Januar 2015 die vertragliche Stundenvergütung in Höhe von EUR 7,00 Euro bzw. EUR 7,15 und zusätzlich eine „Zulage nach MiLoG“. Die Vergütung für einen Feiertag, einen Urlaubstag sowie den Nachtarbeitszuschlag berechnete die Beklagte für fünf Stunden nicht auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns, sondern nach der niedrigeren vertraglichen Stundenvergütung. Das gezahlte „Urlaubsgeld“ rechnete die Beklagte auf Mindestlohnansprüche der Klägerin an.

Die Klage hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg. Die Beklagte legte gegen diese Entscheidung Revision vor dem Bundesarbeitsgericht ein. Das Bundesarbeitsgericht gab der Beklagten jedoch nicht Recht. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass sich die Höhe der Entgeltfortzahlung an Feiertagen grundsätzlich nach dem Mindestlohngesetz bestimmt und auch ein tarifvertraglich geregelter Nachtarbeitszuschlag, der auf den tatsächlichen Stundenverdienst zu zahlen ist, aus dem gesetzlichen Mindestlohn zu berechnen ist. Das Mindestlohngesetz gewährt zwar nur Ansprüche für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden. Nach § 2 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz hat der Arbeitgeber aber für Arbeitszeit, die aufgrund eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte (Entgeltausfallprinzip). Dies gilt auch dann, wenn sich die Höhe des Arbeitsentgelts nach dem Mindestlohngesetz bestimmt, denn dieses Gesetz enthält keine hiervon abweichenden Regelungen. Der Arbeitgeber kann sich dabei nicht auf eine vertraglich vereinbarte niedrigere Vergütung berufen. Der tarifliche Nachtarbeitszuschlag und das tarifliche Urlaubsentgelt müssen nach den Bestimmungen des Manteltarifvertrages ebenfalls zumindest auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns von seinerzeit EUR 8,50 berechnet werden, denn dieser ist Teil des „tatsächlichen Stundenverdienstes“ im Sinne des Manteltarifvertrages. Eine Anrechnung des gezahlten „Urlaubsgeldes“ auf Ansprüche nach dem Mindestlohngesetz kann nicht erfolgen, da der Manteltarifvertrag darauf einen eigenständigen Anspruch vorgibt und es sich nicht um Entgelt für geleistete Arbeit handelt.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. September 2017 – 10 AZR 171/16