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Außerordentliche Kündigung einer Betriebsrätin der AWO

Donnerstag, 22.09.2016

Eine seit ca. 20 Jahren bei der AWO in einem Bochumer Seniorenzentrum beschäftigten Betriebsrätin ist außerordentlich gekündigt worden. Eine außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ist nur aus wichtigem Grund und nur mit Zustimmung des Betriebsrats möglich. Im vorliegenden Fall hatte der Betriebsrat die Zustimmung verweigert und die Arbeitgeberin hatte einen Zustimmungsersetzungsantrag gestellt, der jedoch vom Arbeitsgericht Bochum abgewiesen wurde. Die Arbeitgeberin legte gegen diese Entscheidung das Rechtsmittel der Beschwerde ein.

Eine Anhörung der Beteiligten vor dem Landesarbeitsgericht hatte ergeben, dass die Arbeitgeberin die Kündigung auf den dringenden Verdacht einer gravierenden Pflichtwidrigkeit der Betriebsrätin stützte. Ihr wurde vorgeworfen, sie habe einer Wohnbereichsleiterin, die ihr Arbeitsverhältnis wenig später beendete, eine Trauerkarte mit dem handschriftlichen Zusatz „Für Dich (bist die nächste)“ in das Dienstpostfach gelegt haben. Dieses Darstellung ist allerdings streitig geblieben. Die Arbeitgeberin hatte außergerichtlich ein Schriftgutachten eingeholt, nach dem der handschriftliche Zusatz mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ (3 von 8 Übereinstimmungsgraden) von der Betriebsrätin stammte. Eine höhere Übereinstimmungsgrade ließ sich durch den Sachverständigen nicht festzustellen. Eine Verdachtskündigung und damit die beantragte Zustimmungsersetzung kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur unter engen Voraussetzungen in Betracht kommen. Es muss aufgrund objektiver Tatsachen der dringende Verdacht einer gravierenden Pflichtwidrigkeit bestehen. Dabei muss der Arbeitgeber alle ihm möglichen und zumutbaren Mittel der Sachverhaltsaufklärung ausschöpfen und insbesondere den betroffenen Arbeitnehmer zu den konkreten Verdachtsmomenten angehört haben. Weiterhin muss aufgrund der Verdachtslage die zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauensbasis zerstört sein.

Diese Voraussetzungen sah das Landesarbeitsgericht hier nicht als gegeben an und hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Da Betriebsratsmitglieder im Regelfall nicht ordentlich kündbar sind und eine Zustimmung des Betriebsrats für eine außerordentliche Kündigung nicht vorlag, konnte der Betriebsrätin nicht gekündigt werden.

Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 30. August 2016 – 7 TaBV 45/16