Die COVID-19 Pandemie hat verheerende Folgen für die Wirtschaft: Betriebsschließungen, Lieferengpässe und Auftragsknappheit betreffen nahezu sämtliche Branchen und legen das Arbeitsleben in großen Teilen lahm. Um dennoch Arbeitsplätze erhalten zu können, haben bundesweit bereits weit über eine halbe Million Betriebe Kurzarbeit eingeführt, die Bundesregierung rechnet mit bis zu 2,3 Millionen betroffenen Arbeitnehmern.
Das Kurzarbeitergeld ist ein Ausgleich für eine vorübergehende Arbeitszeitverkürzung, der von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt wird.
Es wird von Arbeitgebern in wirtschaftlichen Krisenzeiten häufig eingesetzt, um Entlassungen zu vermeiden und Arbeitgeber finanziell dabei zu unterstützen, die Lohnkosten zu tragen. Das Kurzarbeitergeld ermöglicht es Unternehmen, auch bei schwächeren Auftragslagen den Betrieb aufrechtzuerhalten.
Für Arbeitgeber, die Kurzarbeitergeld beantragen möchten, gibt es ein zweistufiges Verfahren.
1. Meldung des Arbeitsausfalls an die Arbeitsagentur
Um Kurzarbeitergeld zu erhalten, müssen Arbeitgeber den Arbeitsausfall bei der örtlichen Arbeitsagentur melden. Ein Formular dafür gibt es hier.
Dies muss so schnell wie möglich geschehen, da das Kurzarbeitergeld nur für den Monat gewährt werden kann, in dem der Arbeitsausfall bei der Arbeitsagentur gemeldet wurde. Um Kurzarbeitergeld im April 2020 zu bekommen, muss die Anzeige des Arbeitsausfalls bei der Arbeitsagentur also spätestens bis zum 30. April 2020 gemeldet werden.
Es ist wichtig, den konkreten Grund für den Arbeitsausfall so detailliert wie möglich anzugeben. Anstatt nur zu sagen „wegen des Corona-Virus“, sollte man als Arbeitgeber erklären, welche Faktoren konkret zu einem Arbeitsausfall geführt haben.
Die Arbeitsagentur entscheidet auf den Antrag hin sofort, ob die Bedingungen für das Kurzarbeitergeld erfüllt sind oder nicht (zu den Bedingungen s.u.), und benachrichtigt den Arbeitgeber.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Höhe des Kurzarbeitergeldes zu berechnen und an den Arbeitnehmer auszuzahlen. Auf der Website der Arbeitsagentur stehen Tabellen und Berechnungshilfen zur Verfügung.
2. Antrag auf Rückerstattung bei der Arbeitsagentur
Jeweils am Monatsende beantragt der Arbeitgeber bei der Arbeitsagentur, bei der sein Lohnbüro angesiedelt ist, die Rückerstattung des Kurzarbeitergeldes. Dieser Antrag kann frühestens am Ende des Kalendermonats, in dem Kurzarbeit geleistet wurde, gestellt werden. Es gilt dann eine Frist von drei Monaten, um den Antrag einzureichen.
Dem Antrag sind zwingend Arbeitszeitnachweise beizufügen, in denen detailliert aufgelistet ist, wie viel die betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet haben, wann es Kurzarbeit gab, wann sie im Urlaub waren, welche Fehlzeiten es gab und welche Überstunden abgebaut wurden. Diese und die Lohnabrechnungen werden später der Berechnung des Anspruchs auf Kurzarbeitergeld zugrunde gelegt. Vorlagen für die Arbeitszeitnachweise gibt es nicht.
Generell kann das Kurzarbeitergeld gewährt werden, wenn entweder der Arbeitgeber und der Betriebsrat oder der Arbeitgeber und jeder einzelne vom Arbeitsausfall betroffene Arbeitnehmer ausdrücklich vereinbart haben, die Arbeitszeit im Betrieb nach den arbeitsrechtlichen Bestimmungen zu verkürzen, und wenn der Betrieb tatsächlich von einem vorübergehenden, erheblichen und unvermeidbaren Arbeitsausfall betroffen ist. Die folgenden Bedingungen müssen erfüllt sein:
– Der Arbeitsausfall ist auf wirtschaftliche Gründe oder Umstände zurückzuführen, auf die der Arbeitgeber keinen Einfluss hat (z.B. Überschwemmungen, behördliche Anordnungen).
– Der Arbeitsausfall lässt sich nicht vermeiden, und das Unternehmen hat alle Möglichkeiten genutzt, um ihn zu verringern oder zu beheben (z.B. Nutzung des Guthabens auf Arbeitszeitkonten sowie Urlaubstagen innerhalb bestimmter Grenzen – vorrangige Urlaubswünsche des Arbeitnehmers müssen beachtet werden).
– Der Arbeitsausfall muss vorübergehend sein, d.h. während der Zeit, in der Kurzarbeitergeld gewährt wird, ist mit einer Rückkehr zur normalen Arbeitszeit zu rechnen. Bei Kurzarbeit aufgrund des Corona-Virus wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass diese Bedingung erfüllt ist.
– Die Arbeitszeitverkürzung ist der Agentur für Arbeit rechtzeitig mitgeteilt worden (siehe oben, Schritt 1).
– Der Arbeitnehmer bleibt auch nach der Arbeitszeitverkürzung sozialversicherungspflichtig beschäftigt und soll nicht entlassen werden.
– Wurde bereits gegenüber dem Arbeitnehmer eine Kündigung ausgesprochen oder ein Aufhebungsvertrag unterschrieben, entfällt der Anspruch des Arbeitnehmers auf Kurzarbeitergeld. Eine Rückausnahme besteht jedoch in dem Fall, dass der Arbeitnehmer bereits Kündigungsschutzklage erhoben hat. Dies gilt selbst dann, wenn die Kündigung wirksam ist.
– Der Arbeitsausfall muss erheblich sein. Dies bedeutet, dass mindestens ein Drittel der Beschäftigten des Unternehmens mit einer Kürzung ihres Bruttomonatsentgelts um mehr als zehn Prozent rechnen muss.
Die oben genannten Bedingungen werden wegen der Corona-Krise bis Ende 2021 wie folgt erleichtert:
– Die Zahl der Arbeitnehmer, die vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, wird auf 10% festgelegt. Das heißt, 10% der Arbeitnehmer im Betrieb oder in der betroffenen Betriebsabteilung müssen im jeweiligen Kalendermonat einen Arbeitsausfall von mindestens 10% haben.
– Arbeitnehmer müssen keine Minusstunden aufbauen, bevor Kurzarbeitergeld gezahlt werden kann.
– Die Sozialversicherungsbeiträge werden im Falle von Kurzarbeit von der Bundesagentur für Arbeit vollständig erstattet.
– Auch Zeitarbeitsfirmen können Kurzarbeitergeld beantragen.
-Die Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes wird auf bis zu 24 Monate, längstens bis zum 30.Juni 2021, verlängert.
– Ab dem siebten Monat Kurzarbeit steigt das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent (87 Prozent für Haushalte mit Kindern) des entfallenen Nettoentgelts. Der Anspruch auf Kurzarbeit muss aber bis zum 31.März 2021 entstanden sein.
Einfach ausgedrückt:
Um die Höhe des Kurzarbeitergeldes zu berechnen, müssen Sie zunächst die Differenz des Nettoentgelts zwischen dem so genannten „Soll-Entgelt“, d.h. dem Nettoentgelt, das der Arbeitnehmer ohne die Kurzarbeit verdient hätte, und dem „Ist-Entgelt“, d.h. dem Betrag, den der Arbeitnehmer in den während der Kurzarbeit tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden verdient hat, ermitteln.
Diese Differenz wird als „Nettoentgeltdifferenz“ bezeichnet. Das von der Agentur für Arbeit gezahlte Kurzarbeitergeld deckt 60 % der Nettoentgeltdifferenz und 67 %, wenn der Arbeitnehmer mindestens ein unterhaltspflichtiges Kind hat.
Beschäftigte, deren Arbeitsentgelt um mindestens die Hälfte reduziert ist, können vom erhöhten Kurzarbeitergeld profitieren. Ab dem vierten Monat des Bezugs wird das Kurzarbeitergeld auf 70 % bzw. 77 % für Beschäftigte mit mindestens einem Kind und ab dem siebten Monat auf 80% bzw. 87 % aufgestockt.
In der Regel hängt dies von der Höhe der ausgefallenen Arbeitsstunden und von den jeweiligen Vereinbarungen im Betrieb ab. Es ist auch möglich, die Arbeitszeit um 100 Prozent zu reduzieren (dann spricht man von „Kurzarbeit Null“).
Grundsätzlich können Arbeitgeber nicht ohne vorherige Vereinbarung mit dem Betriebsrat oder den Arbeitnehmern einseitig Kurzarbeit anordnen. Der Arbeitgeber braucht immer eine rechtliche Grundlage, um Kurzarbeit zu vereinbaren. Dies kann eine Klausel in einem Tarifvertrag oder im individuellen Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, oder eine Betriebsvereinbarung sein. Gibt es eine solche Klausel nicht, muss der Arbeitgeber mit seinen Arbeitnehmern eine Zusatzvereinbarung aushandeln. Die Vereinbarung über die Kurzarbeit muss vor der Einführung von Kurzarbeit erfolgen, sonst ist sie ungültig.
Diese Vereinbarung sollte den Grund für den Arbeitsausfall, den Beginn und das Ende der Kurzarbeitsperiode sowie – soweit absehbar – den Umfang der Arbeitszeitverkürzung enthalten. Sie sollte auch die Möglichkeit vorsehen, die Arbeitszeit auf null zu reduzieren („Kurzarbeit Null“) oder die Beschäftigten bei einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage an ihren Arbeitsplatz zurückzuholen.
Geringfügig Beschäftigte haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.
Das Kurzarbeitergeld wird nur an Arbeitnehmer gezahlt, die auch der Arbeitslosenversicherungspflicht unterliegen. Arbeitnehmer in geringfügiger Beschäftigung (bis zu 450 €/Monat) sind nicht in der Arbeitslosenversicherung pflichtversichert und haben daher keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.
Nein, die Arbeitszeit kann für jeden Mitarbeiter individuell gekürzt werden, je nachdem, wie stark einzelne Abteilungen/Arbeitsbereiche von dem Arbeitszeitausfall betroffen sind. Die Kurzarbeit kann auch auf einzelne Abteilungen innerhalb des Unternehmens beschränkt werden. Es ist jedoch nicht zulässig, die Kurzarbeit willkürlich unterschiedlich auf die Mitarbeiter aufzuteilen.
Wird ein Arbeitnehmer während des Bezugs von Kurzarbeitergeld arbeitsunfähig, bleibt sein Anspruch auf Kurzarbeitergeld erhalten – solange er auch während der Krankheit Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben würde.
War der Arbeitnehmer jedoch bereits vor Beginn der Kurzarbeitsperiode krank, so reduziert sich der Anspruch auf Entgeltfortzahlung auf den Lohn, den der Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der Arbeitszeitverkürzung während der Kurzarbeitsperiode verdient hätte. Daneben erhalten Arbeitnehmer außerdem Krankengeld in Höhe des Kurzarbeitergeldes.
Dies hängt wiederum davon ab, ob die Nebentätigkeit vor der Kurzarbeit oder während der Kurzarbeit beginnt.
Wenn die Nebenbeschäftigung vor der Kurzarbeit aufgenommen wird, so hat dies keine Auswirkungen auf den Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Hier kommt es nicht auf den Anspruchszeitraum für das Kurzarbeitergeld, also den Kalendermonat an, sondern auf den Zeitpunkt, für den tatsächlich Kurzarbeitergeld gewährt wird.
Wird die zweite Beschäftigung jedoch während der Kurzarbeitsperiode aufgenommen, wird das aus der zweiten Beschäftigung erzielte Einkommen auf das Kurzarbeitergeld angerechnet.
Durch das Sozialschutzpaket vom 27. März 2020 (Gesetz über den erleichterten Zugang zur sozialen Sicherheit und die Inanspruchnahme und den Schutz von Sozialleistungen aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2) wird diese Regelung vorübergehend gelockert. Vom 1. April bis zum 31. Oktober 2020 gilt die folgende Sonderregelung: Einkünfte aus zusätzlicher Arbeit in systemrelevanten Bereichen, die während der Kurzarbeit neu aufgenommen werden, werden nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet, solange sie, mit dem nach Einführung der Kurzarbeit verbleibenden Lohn und dem Kurzarbeitergeld zusammengerechnet, nicht den Betrag übersteigen, den der Arbeitnehmer ohne Einführung der Kurzarbeit als Netto-Entgelt verdient hätte (§ 421c SGB III).
Nach dem Sozialschutz-Paket II besteht nun die erweiterte Möglichkeit des Hinzuverdienstes für Kurzarbeiter: Ab 1. Mai 2020 dürfen Kurzarbeiter in allen Berufen bis zur vollen Höhe ihres bisherigen Monatseinkommens hinzuverdienen. Die bislang geltende Beschränkung auf sog. systemrelevante Berufe wird aufgehoben. Die Regelungen gelten bis Jahresende, d.h. bis 31.12.2020
Urlaubsansprüche nach der Kurzarbeit werden so berechnet, als wären die Mitarbeiter während der Kurzarbeit in Teilzeit beschäftigt gewesen. Der Urlaubanspruch richtet sich nach den konkreten Arbeitstagen. Das heißt, wenn ein Arbeitnehmer 2 Monate lang in Kurzarbeit war, kann der Urlaub für diese 2 Monate proportional zum Arbeitsausfall gekürzt werden. Der Urlaubsanspruch für die verbleibenden 10 Monate wird separat gerechnet.
Das Urlaubsentgelt wird von dem Kurzarbeitergelt nicht berührt. Es richtet sich nach dem Entgelt, das der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn erhalten hat. Es wird das Entgelt zugrunde gelegt, dass ohne die Kurzarbeit erzielt worden wäre.
Während der Kurzarbeit „Null“ entsteht kein Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers, da er keine Arbeitsleistung erbringt. Nimmt der Arbeitnehmer während er sich in Kurzarbeit „Null“ befindet Urlaub, so entfällt für diesen Zeitraum sein Anspruch auf Kurzarbeitergeld.
Hier kommt es darauf an, ob es sich um Urlaub aus dem aktuellen oder aus dem Vorjahr handelt. Arbeitnehmer müssen grundsätzlich vor dem Bezug von Kurzarbeitergeld vorrangig ihren Resturlaub aus dem Vorjahr einsetzen. Grund hierfür ist § 96 IV 2 SGB III, der verlangt, dass alle Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer aufgebraucht sein müssen, bevor Kurzarbeitergeld beantragt wird, da ansonsten der Arbeitsausfall nicht als unvermeidbar angesehen wird. Haben Arbeitnehmer aber für den Zeitraum in dem sie Kurzarbeitergeld erhalten bereits ihren Urlaub geplant, so hat dieser Vorrang und er muss nicht vor der Kurzarbeit genommen werden.
Seit dem 1. Januar 2021 muss Erholungsurlaub zur Vermeidung der Kurzarbeit eingebracht werden. Wenn die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer dem nicht entgegenstehen. Das ist der Fall, wenn bereits ein Urlaubsplan festgelegt wurde. Grundsätzlich ist es daher empfehlenswert, einen Urlaubsplan vor Einführung der Kurzarbeit festzulegen.
Der Resturlaub aus 2020 muss zur Vermeidung von Kurzarbeit eingebracht werden, bevor dieser verfällt. Erfolgt dies nicht, liegt kein unvermeidbarer Arbeitsausfall vor.
Ja, es kann bei befristeten Arbeitsverträgen erfolgreich Kurzarbeitergeld beantragt werden. Das gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis in Kürze sein Ende findet. Natürlich endet die Möglichkeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld mit dem Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses. Damit hindert eine im Zeitraum der Kurzarbeit eintretende Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Befristung und auch eine während der Kurzarbeit vereinbarte Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses während der Kurzarbeit nicht den Bezug von Kurarbeitergeld.
Ein befristetes Arbeitsverhältnis kann unter bestimmten Voraussetzungen verlängert werden, ohne dass dies der (unveränderten) Befristung schadet. Auch das Kurzarbeitergeld wird in solchen Fällen allein dadurch, dass die Befristung verlängert wird, nicht berührt, d.h. ein fortgesetzter Bezug von Kurzarbeitergeld ist möglich.
Derzeit überprüft die Arbeitsagentur meist nur oberflächlich, ob die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld tatsächlich vorliegen. Wir gehen aber davon aus, dass es auch nach dem Abklingen dieser Kurzarbeitswelle wieder umfassende Nachprüfungen geben wird, sobald hierfür wieder Kapazitäten vorhanden sind. Zuletzt wurde während der Finanzkrise vor etwa 10 Jahren in einem größeren Umfang Kurzarbeit beantragt. Damals wurden im Nachhinein eigene Abteilungen bei der Arbeitsagentur eingerichtet, um möglichen Betrugsfällen nachzugehen.
Bereits jetzt führt die Arbeitsagentur Stichproben durch und nutzt eine Analysesoftware um Missbrauchsmuster zu erkennen. Außerdem gehen Hinweise von Mitarbeiter*innen und Gewerkschaften ein, die von der Bundesagentur für Arbeit an das jeweilige Hauptzollamt oder die Staatsanwaltschaft weitergeleitet werden.
Die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld nach den §§ 95 ff. SGB III müssen während des gesamten Bezugszeitraums vorliegen.
Häufig wird in Betrieben Kurzarbeit eingeführt, beispielsweise zu 50%, was von der Arbeitsagentur für zwölf Monate bewilligt wird. Nach drei Monaten gibt es aber wider Erwarten mehr zu tun, sodass die anfallende Arbeit nicht mehr in 50% der Arbeitszeit erledigt werden kann. Wenn Mitarbeiter*innen dann Überstunden machen, beziehungsweise wieder zur Vollarbeit zurückkehren, entfällt für diese der Anspruch auf das Kurzarbeitergeld. Schließlich sind sie nicht mehr von dem Arbeitsausfall betroffen.
1. Arbeitsrechtliche Risiken
Das Vorliegen eines Arbeitsausfalls ist Voraussetzung für die Einführung von Kurzarbeit. Liegt kein Arbeitsausfall (mehr) vor, kann die Kurzarbeit daher nicht wirksam eingeführt werden. Bietet ein Arbeitnehmer dann die volle Arbeitsleistung an, gerät die Arbeitgeberin in Annahmeverzug und muss das volle Arbeitsentgelt als Annahmeverzugslohn auszahlen.
Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG Urteil vom 18. November 2015 – 5 AZR 491/14) genügt hierfür ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers.
In Bezug auf den Annahmeverzugslohn sind auch etwaige Verfallsklauseln und Verjährungsfristen zu beachten.
2. Sozialrechtliche Risiken
Fehlt die arbeitsrechtlich wirksame Grundlage für die Einführung von Kurzarbeitergeld, so gibt es auch keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld von der Bundesagentur für Arbeit.
Gleiches gilt, wenn der Arbeitsausfall – wie im obigen Beispiel – nicht oder nicht mehr gegeben ist.
Bereits erstattetes Kurzarbeitergeld wurde in diesen Fällen zu Unrecht bewilligt und kann, einschließlich Nebenleistungen, von der Bundesagentur für Arbeit zurückgefordert werden. Wer die Erstattung des KuG beantragt, obwohl kein Arbeitsausfall (mehr) gegeben ist, ist in der Regel bösgläubig, da er das Vorliegen der Voraussetzungen bzw. die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben durch Unterschrift bestätigt und das entsprechende Merkblatt der Bundesagentur für Arbeit zur Kenntnis genommen hat.
Dass in beiden Fällen ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn entstanden ist, schlägt sich auch auf sozialrechtlicher Ebene nieder. Denn für den sogenannten „Annahmeverzugs-Phantomlohn“ müssen seinerseits Sozialversicherungsbeiträge geleistet werden – und zwar unabhängig davon, ob dieser Anspruch von der Arbeitnehmerseite geltend gemacht wird. Denn hier gilt das „Entstehungsprinzip“ nach § 22 SGB IV.
Der Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge muss dann nachgezahlt werden. Hinzu kommen gegebenenfalls noch Säumniszuschläge.
3. Strafrechtliche Risiken
Aus strafrechtlicher Sicht besteht das Risiko, durch falsche oder unvollständige Angaben gegenüber der Arbeitsagentur einen Betrug nach § 263 StGB (Vorsatztat) oder einen Subventionsbetrug nach § 264 StGB zu begehen – für letzteren ist kein vorsätzliches Vorgehen erforderlich, sondern Leichtfertigkeit genügt.
Arbeitnehmer*innen können sich hier im Bereich der Beihilfe ebenfalls strafbar machen.
In Bezug auf den bereits erwähnten „Annahmeverzugs-Phantomlohn“ kommt eine mögliche Vorsatz-Strafbarkeit wegen Beitragshinterziehung nach § 266a StGB, sowie eine Strafbarkeit wegen leichtfertigen Handelns nach § 8 Abs. 3 SchwarzArbG in Betracht.
MAYR Kanzlei für Arbeitsrecht stellt diesen Themenbeitrag als Orientierungshilfe zur Verfügung. Für eine individuelle Beratung sollte grundsätzlich Rat bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht eingeholt werden. Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass wir deshalb keine Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit dieses Beitrages übernehmen können.
