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Wirksame Abberufung eines Datenschutzbeauftragten?

Dienstag, 25.05.2021

Der neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat den europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen, um dort klären zu lassen, ob die Anforderungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) an die Abberufung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten im Einklang mit der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) stehen. Daran schließt sich die Folgefrage des neunten Senats an, in der er wissen möchte, ob ein Betriebsratsvorsitzender zugleich als Datenschutzbeauftragter tätig sein darf oder ob dem ein Interessenkonflikt entgegensteht.

Zum Sachverhalt

Der Kläger ist Vorsitzender des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats. Seit Juni 2015 wurde er zusätzlich zum Datenschutzbeauftragten bei der Beklagten bestellt. Nach Inkrafttreten der DSGVO berief die Beklagten den Kläger mit Schreiben vom Mai 2018 als Datenschutzbeauftragten ab.

Der Kläger wendet sich gegen seine Abberufung als Datenschutzbeauftragter. Die Beklagte hält die Abberufung für wirksam. Sie ist der Ansicht, es drohen Interessenkonflikte, wenn der Kläger zugleich Datenschutzbeauftragter und Betriebsratsvorsitzender sei. Dies führe zu einer Unvereinbarkeit beider Ämter, die einen wichtigen Grund zur Abberufung des Klägers darstelle.

Die Vorinstanzen gaben dem Kläger recht.

Vorlagefrage an den EuGH

Der neunte Senat ist der Ansicht, für die Frage, ob die Beklagte den Kläger wirksam von seinem Amt als Datenschutzbeauftragen abberufen konnte, käme es auf die Auslegung des Unionsrechts, der DSGVO ab, die dem EuGH vorbehalten ist.

Gemäß § 38 Abs.2 i.V.m. § 6 Abs.4 Satz 1 BDSG verlangt das nationale Recht für die Abberufung eines betrieblichen Datenschutzrechtsbeauftragten das Vorliegen eines wichtigen Grundes i.S.d. § 626 BGB. Nach dem Unionsrecht (Art. 38 Abs.3 Satz 2 DGVO) ist eine Abberufung lediglich dann nicht gestattet, wenn sie wegen der Aufgabenerfüllung des Datenschutzbeauftragten vorgenommen wird. Ein wichtiger Grund zur Abberufung verlangt das europäische Recht somit gerade nicht und stellt geringe Anforderungen an die Abberufung als das nationale Recht.

Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hält unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung vorliegend keinen wichtigen Abberufungsgrund für gegeben. Deshalb hat er sich nach Art. 267 AEUV mit der Frage an den Gerichtshof gewandt, ob neben der Regelung in Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO mitgliedstaatliche Normen anwendbar sind, die – wie § 38 Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG – die Möglichkeit der Abberufung eines Datenschutzbeauftragten gegenüber den unionsrechtlichen Regelungen einschränken.

Sollte der Gerichtshof die Anforderungen des BDSG an eine Abberufung für unionsrechtskonform erachten, hält der Senat es zudem für klärungsbedürftig, ob die Ämter des Betriebsratsvorsitzenden und des Datenschutzbeauftragten in einem Betrieb in Personalunion ausgeübt werden dürfen oder ob dies zu einem Interessenkonflikt i.S.v. Art. 38 Abs. 6 Satz 2 DSGVO führt.

Beachte: Im Jahr 2011 hielt der zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts die Mitgliedschaft im Betriebsrat mit dem Amt des Datenschutzbeauftragten für vereinbar. Es bleibt abzuwarten, ob an dieser Entscheidung festgehalten werden kann, da diese vor in Krafttreten der DSGVO ergangen ist.

BAG, Beschl. v. 27.04.2021 – 9 AZR 383/19