Nachvertragliches Wettbewerbsverbot – Rücktritt und Wegfall der Karenzentschädigung
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gegen Zahlung einer Karenzentschädigung stellt nach einem aktuellen BAG-Urteil einen gegenseitigen Vertrag dar, von dem eine Partei bei Nichterfüllung der Vereinbarung durch die andere Partei mit Wirkung für die Zukunft zurücktreten kann.
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot – was ist das?
In vielen Arbeitsverträgen ist ein sogenanntes nachvertragliches Wettbewerbsverbot vorgesehen: Dem Arbeitnehmer wird darin für eine bestimmte Zeit (max. 2 Jahre) nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses untersagt, für direkte Konkurrenzunternehmen des Arbeitgebers tätig zu werden. Der Arbeitgeber möchte auf diese Weise verhindern, dass Konkurrenzunternehmen vom aktuellen „Insider-Wissen“ des ehemaligen Arbeitnehmers profitieren können. Für den Arbeitnehmer bedeutet ein solches Verbot natürlich eine erhebliche Einschränkung seiner Berufsfreiheit. Daher ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur wirksam, wenn der Arbeitgeber zugleich eine Karenzentschädigung anbietet. Die Karenzentschädigung entspricht einer anteiligen Vergütungsfortzahlung von mindestens 50% der zuletzt bezogenen Vergütung für die gesamte Dauer des Wettbewerbsverbots.
Fallkonstellation: Arbeitgeber zahlte die Karenzentschädigung nicht
Das Verhältnis zwischen Karenzentschädigung und nachvertraglichem Wettbewerbsverbot sowie die Folgen bei Nichtzahlung der Karenzentschädigung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) nun in einer aktuellen Entscheidung geklärt. Anlass war eine Rechtsstreitigkeit zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer, die ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gegen Karenzentschädigung vereinbart hatten.
Der Arbeitnehmer kündigte und hielt sich an das Wettbewerbsverbot; gleichwohl zahlte der Arbeitgeber die Karenzentschädigung nicht. Nach einem Monat des vergeblichen Wartens teilte der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber mit, dass er sich an das Wettbewerbsverbot nun nicht mehr gebunden fühle. Nachdem der Arbeitgeber auch weiterhin nicht zahlte, verklagte der Arbeitnehmer ihn auf Zahlung der Karenzentschädigung.
BAG: Arbeitnehmer erklärte wirksam den Rücktritt – Wegfall der Zahlungspflicht
Das BAG gab dem klagenden Arbeitnehmer nur teilweise Recht.
Es stellte zunächst klar, dass die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots einen gegenseitigen Vertrag darstelle. Somit stehe also die Einhaltung des Wettbewerbsverbots in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur Zahlung der Karenzentschädigung (§§ 320 ff. Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Für diesen Vertrag gälten daher auch die allgemeinen zivilrechtlichen Regeln. Insbesondere könne jede Partei von der Vereinbarung zurücktreten, wenn die andere Partei ihre Leistung nicht erbringe (§§ 323 ff. BGB).
Durch die Erklärung des Arbeitnehmers, er fühle sich an das Wettbewerbsverbot nicht mehr gebunden, sei dieser von der Vereinbarung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots für die Zukunft („ex nunc“) zurückgetreten. Dies habe für den Arbeitnehmer zur Folge, dass er von seinem ehemaligen Arbeitgeber die Zahlung der Karenzentschädigung nur für den Zeitraum bis zu seiner Erklärung, er fühle sich nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden, verlangen könne. Denn bis zu diesem Zeitpunkt habe ja einen wirksamer „Wettbewerbsverbotsvertrag“ existiert. Ab dem Zeitpunkt seiner Erklärung hingegen habe es wegen des Rücktritts keinen Vertrag mehr gegeben – der Arbeitgeber schulde daher auch keine Karenzentschädigung mehr und umgekehrt sei auch der Arbeitnehmer ab diesem Zeitpunkt vom Wettbewerbsverbot befreit gewesen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.01.2018 – Az. 10 AZR 392/17