Wer eine E-Mail versendet, muss auch beweisen, dass sie angekommen ist
Den Absender einer E-Mail trifft gemäß § 130 BGB die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die E-Mail dem Empfänger zugegangen ist. So entschied kürzlich das Landesarbeitsgericht Köln in zweiter Instanz.
In dem Rechtsstreit hatten die Arbeitgeberin, eine Fluggesellschaft, und der Arbeitnehmer, ein Pilot, vereinbart, dass dem Arbeitnehmer ein Darlehen für eine Schulung gewährt wird. Dem Arbeitnehmer sollte innerhalb von fünf Jahren nach Beendigung einer Schulung die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis angeboten werden, anderenfalls sollte die Arbeitgeberin auf die Rückzahlung des Darlehens verzichten.
Der Arbeitnehmer schloss die Schulung am 26. Oktober 2013 ab. Umstritten war, ob die Arbeitgeberin ihm innerhalb von 5 Jahren nach diesem Datum die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis angeboten hatte. Die Arbeitgeber meint, sie habe am 25. Oktober 2018 eine E-Mail an den Mitarbeiter geschickt, in der sie ihm den Arbeitsplatz anbot. Eine Rücksendung der E-Mail als unzustellbar hatte sie nicht erhalten. Der Mitarbeiter trug vor, er habe die E-Mail erst am 28. Oktober 2018 erhalten.
Anscheinsbeweis, wenn die E-Mail nicht als „unzustellbar“ zurückkam?
Das Arbeitsgericht Frankfurt hatte in einem solchen Fall 2008 entschieden, dass dem Absender einer E-Mail der Beweis des ersten Anscheins dahingehend zur Seite stehe, dass die von ihm versandte E-Mail beim Empfänger eingegangen ist, wenn nicht eine Rücksendung als unzustellbar eingegangen ist. Dies gelte auch dann, wenn die Nachricht möglicherweise in einen Spamfilter gelangt ist. Eingegangen sei eine E-Mail beim Empfänger einer Willenserklärung, wenn sie auf dem Server des Empfängers oder seines Providers abrufbar gespeichert ist (AG Frankfurt, Urteil vom 23.10.2008 – 30 C 730/08-25.
Dem stellt sich das LAG Köln entgegen. Der Absender trägt nach seiner Auffassung die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die E-Mail dem Empfänger „zugegangen“ ist. Das bedeutet, der Absender muss beweisen, dass der Empfänger die Möglichkeit hatte, von der E-Mail Kenntnis zu nehmen. Wie auch bei einfacher Post ist es technisch möglich, dass eine E-Mail nicht ankommt. Das Risiko kann nicht dem Empfänger aufgebürdet werden. Der Versender wählt die Art der Übermittlung der Willenserklärung und damit das Risiko, dass die Nachricht nicht ankommt.
Damit schließt sich das LAG Köln dem LAG Berlin-Brandenburg (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. August 2018) und dem BGH (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2013 – BGH I ZR 64/13) an.
Praxistipp
Um sicherzustellen, dass eine E-Mail den Adressaten erreicht hat, sollte über die Optionsverwaltung eines E-Mail-Programms nach Möglichkeit immer eine Lesebestätigung angefordert werden. Sicherer ist immer eine persönliche Übergabe oder aber eine Versendung wichtiger Schreiben per Einwurfeinschreiben oder Kurier-Service.