Unwirksamkeit von zweistufigen Ausschlussklauseln – Entscheidung des BAG
Eine Standardklausel in Arbeitsverträgen ist die Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen. Wenn ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis nicht innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem er entsteht und der Arbeitnehmer oder das Unternehmen davon Kenntnis erlangt, schriftlich geltend gemacht wird, verfällt er. Eine zweistufige Ausschlussklausel enthält noch einen weiteren Absatz zur gerichtlichen Geltendmachung, der – in dem nun vom BAG entschiedenen Fall – so lautete:
(2) Lehnt die Gegenseite den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs dagegen, so verfällt der Anspruch, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.
In dem Fall hatte der Kläger nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch offene Spesen, die er vom Beklagten bezahlt verlangte. Der Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 12.07.2017 mit, er sei aufgrund der inzwischen erfolgten Firmenauflösung nicht in der Lage, die Spesen zu bezahlen und müsse diese an den Kläger zurückgeben“. Der Kläger forderte den Beklagten mit Schreiben vom 11.01.2018, also ein halbes Jahr später, erneut zur Zahlung auf, was der Beklagte mit Schreiben vom 23.01.2018 ablehnte – die Ansprüche seien nach der zweiten Stufe der Ausschlussklausel verfallen. Der Kläger hielt dagegen die zweite Stufe der Ausschlussklausel für unwirksam – und bekam damit vom Bundesarbeitsgericht Recht.
BAG: Verstoß gegen das Transparenzgebot
Die Ausschlussklausel unterliegt dem Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S.2 BGB – der Verwender muss die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners klar und verständlich darstellen. Die zweite Stufe der Ausschlussklausel ist nach der neuen Entscheidung des BAG unzutreffend und benachteiligt den Vertragspartner unangemessen. Die Klausel ist zu weit gefasst. Sie suggeriert, dass ein Anspruch auch in den Fällen gerichtlich geltend gemacht werden muss, in denen der Anspruchsgegner die Erfüllung des Anspruchs zugesagt, den Anspruch anerkannt oder streitlos gestellt hat – und dass der Anspruch ansonsten verfallen würde.
Dies trifft aber nicht zu: Wenn der Schuldner die Forderung – zB mit einer Lohnabrechnung – vorbehaltlos anerkannt hat, muss der Gläubiger diese nicht innerhalb einer Ausschlussfrist gerichtlich geltend machen, auch wenn der Schuldner die Forderung später bestreitet. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des BAG (vgl. BAG 30. Januar 2019 – 5 AZR 43/18 – Rn. 45, BAGE 165, 205; 23. September 2015 – 5 AZR 767/13 – Rn. 34, BAGE 152, 315; 28. Juli 2010 – 5 AZR 521/09 – Rn. 18, BAGE 135, 197)
Welche Klauseln sind noch wirksam?
Nach dem BAG kann eine zweistufige Ausschlussklausel aber immer noch wirksam vereinbart werden, wenn sie regelt, dass der Anspruch verfällt, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung (erste Alternative) oder innerhalb von drei Monaten nach Fristablauf, wenn sich die Gegenseite innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung „nicht erklärt“ (zweite Alternative), gerichtlich geltend gemacht wird.
Damit sind die Fälle ausgenommen, in denen sich der Anspruchsgegner zwar „erklärt“, aber nicht „dagegen erklärt“, also genau die Fälle, in denen er den Anspruch anerkennt oder die Erfüllung des Anspruchs zusagt – und die Klausel bleibt wirksam.