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Unwirksamkeit betriebsbedingter Kündigung eines Stammarbeitnehmers bei ständigem Einsatz von Leiharbeitnehmern

Mittwoch, 11.11.2020

Die betriebsbedingte Kündigung von Stammarbeitnehmern ist wegen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten unwirksam, wenn der Arbeitgeber Leiharbeitnehmer beschäftigt, mit denen er ein schwankendes, ständig vorhandenes Arbeitsvolumen abdeckt, so entschied das LAG Köln am 2. September 2020.

Betriebsbedingte Kündigung von Stammarbeitnehmer

Der Kläger war seit 2015 für die Beklagte, einer Automobilzulieferin, tätig. Sie beschäftigte im Juni 2019 neben 106 Arbeitnehmern weitere acht Leiharbeitnehmer. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.Juli 2019 aus betriebsbedingten Gründen. Zu Begründung führte sie aus, ihr Auftraggeber habe das Tagesvolumen der produzierten Autos um 150 Stück reduziert. Angesichts der Reduzierung benötige sie nur noch 66 Arbeitnehmer. Sie verfüge über keine weiteren Arbeitsplätze, so dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers nicht möglich sei. Die im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer würden als Personalreserve nur in Vertretungsfällen, z.B. Krankheit eingesetzt werden.

Der Kläger ist der Ansicht, die Kündigung sei unwirksam. Die Beklagte sei weiterhin in der Lage ihn auf einem freien Arbeitsplatz zu beschäftigen, auf dem sie bisher Leiharbeitnehmer beschäftige. Die Leiharbeitnehmer würden weder zu Vertretung noch als Personalreserve eingesetzt. Vielmehr handele es sich um ständige eingerichtete Arbeitsplätze.

Das LAG Köln gab dem Kläger recht. Das Gericht erklärte die Kündigung für unwirksam, da sie sozial ungerechtfertigt sei.

Kann ein Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen nicht weiter beschäftigt werden, so kann der Arbeitgeber unter den Voraussetzungen von § 1 Abs.2 KSchG betriebsbedingt kündigen. Es darf  keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer bestehen.

Keine Vertretung bei fortlaufender Beschäftigung

Nach Ansicht des LAG Köln bestand gerade eine alternative Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers. Beschäftigt ein Arbeitgeber Leiharbeitnehmer, um mit ihnen ein nicht schwankendes, ständiges (Sockel-)Arbeitsvolumen abzudecken, kann von einer alternativen Beschäftigungsmöglichkeit ausgegangen werden, die vorrangig für sonst zur Kündigung anstehender Arbeitnehmer genutzt werden muss. Zwar fehlt es einer solchen alternativen Beschäftigungsmöglichkeit nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wenn der Arbeitgeber Leiharbeitnehmer als Personalreserve zur Abdeckung von Vertretungsbedarfs beschäftigt. Eine solche Vertretungsreserve lag im vorliegenden Fall aber gerade nicht vor. Vielmehr wurden die Leiharbeitnehmer fortlaufend beschäftigt.

LAG Köln, Urt. v. 02.09.2020 – 5 Sa 14/20