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Sturz auf dem Weg ins Home-Office ist kein Arbeitsunfall

Dienstag, 22.06.2021

Stürzt ein Arbeitnehmer auf dem Weg von seinen Wohnräumen zum Home-Office, steht ihm kein Anspruch auf Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu. Der Weg von den Wohnräumen zum Home-Office stellt weder einen „Arbeitsweg“ noch einen „Betriebsweg“ dar, so das Landessozialgericht NRW.

Der Kläger begehrt von der beklagten Berufsgenossenschaft die Anerkennung eines Arbeitsunfalles.

Sturz im Home-Office

Der Kläger ist als Gebietsverkaufsleiter im Außendienst beschäftigt und arbeitet regelmäßig im Home-Office. Sein Home-Office Büro befindet sich in der dritten Etage eines Mehrfamilienhauses. An einem Morgen im September 2018 stürzte der Kläger auf dem Weg von seinen Wohnräumen in der vierten Etage zu seinem Home-Office Arbeitsplatz in der dritten Etage. Er verfehlte eine Stufe auf einer Wendeltreppe, die die vierte und dritte Etage des Wohnhauses zusammenführt. Hierbei erlitt er einen Brustwirbeltrümmerbruch.

Die Beklagte lehnte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Ihrer Ansicht nach, liege kein Arbeitsunfall vor. Der Kläger vertritt die Ansicht, es liege ein Arbeitsunfall vor, da der Unfall sich auf direktem Wege von den Wohnräumen in den Arbeitsbereich ereignet habe.

Das Landessozialgericht NRW gab der Beklagten Recht.

Kein Arbeitsunfall

Nach Ansicht des Gerichts, stelle der Unfall des Klägers keinen Arbeitsunfall i.S.d. § 8 Abs.2 Nr.1 SGB VII dar. Bei dem Weg des Klägers von dem vierten in den dritten Stock handele es sich nicht um einen nach § 8 Abs.2 Nr.1 SGB VII versicherten Weg zu dem Ort der Tätigkeit, weil der Kläger hierbei die Haustür nicht durchschritt. Er nutzte lediglich eine Wendeltreppe, um von dem vierten Stock in den dritten Stock zu gelangen. Sowohl bei Wegen nach und von dem Ort der Tätigkeit als auch bei einem direkt von der Wohnung aus angetretenen Betriebsweg (Dienstweg oder Dienstreise) beginne die versicherte Tätigkeit erst mit dem Durchschreiten der Haustür des Gebäudes (Mehr- oder Einfamilienhaus), in dem sich die Wohnung des Versicherten befinde. Das Gericht schließt sich somit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) an, wonach ein im Homeoffice Beschäftigter niemals innerhalb des Hauses bzw. innerhalb der Wohnung auf dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit wegeunfallversichert gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII sein könne.

Auch kein versicherter Betriebsweg

Der Kläger habe zum Unfallzeitpunkt auch keinen versicherten Betriebsweg i.S.d. § 8 Abs.1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs.1 Nr.1 SGB VII zurückgelegt, als er die Treppe von der vierten in die dritte Etage hinabstieg, um an seinem heimischen Arbeitsplatz die Arbeit aufzunehmen. Zwar werde hier im Gegensatz zum Begriff des Arbeitsweges nicht verlangt, dass der Versicherte die Außentür des Wohngebäudes durchschritten habe muss, um überhaupt unter dem Unfallschutz stehen zu können.

Die Annahme eines Betriebswege scheide aber deswegen aus, weil sich der Kläger zum Zeitpunkt des Treppensturzes auf dem Weg in sein Arbeitszimmer zur erstmaligen Aufnahme seiner versicherten Tätigkeit am Unfalltag befand. Betriebswege seien aber gerade Wege, die in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden. Der Kläger habe somit noch kein Betriebsweg zurückgelegt, da er am Unfallmorgen den Weg ausschließlich zurücklegte, um seine Tätigkeit im Home-Office an diesem Tag erstmalig aufzunehmen. Der Kläger habe damit eine auch im Homeoffice gerade nicht unfallversicherte Vorbereitungshandlung zur erstmaligen Aufnahme seiner versicherten Tätigkeit in seinem Arbeitszimmer vorgenommen.

LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 09.11.2020 – L 17 U 487/19