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OP-Masken rechtfertigen keine Erschwerniszulage

Donnerstag, 29.09.2022

Seit Beginn der Pandemie kennt jede/r den Unterschied zwischen OP-Masken und FFP2- oder FFP3-Masken. Die meisten von uns haben auch schon selbst erfahren, dass es sich unter einer einfachen OP-Maske deutlich leichter atmet. Das hatte sicher auch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in einer Entscheidung aus dem Frühjahr vor Augen. Hier hatte eine Reinigungskraft auf einen höheren Stundenlohn geklagt, weil sie bei der Arbeit eine OP-Maske tragen musste. Die Klage ist jedoch bisher erfolglos geblieben.

Erschwerniszulage nach Tarifvertrag für „Atemschutzmasken“

Nach dem anwendbaren Tarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk gibt es eine Zulage zum üblichen Gehalt in Höhe von 10 Prozent für Arbeiten, bei denen eine „Atemschutzmaske“ vorgeschrieben ist. Die Reinigungsfirma gab ihren Mitarbeitenden außerhalb fester Arbeitsplätze vor, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Als Reinigungskraft musste der Kläger daher während seiner gesamten Arbeitszeit die Maske aufbehalten. Dafür reichte eine einfache OP-Maske aus. Mit der Zulage hätte der Kläger um die EUR 200 brutto monatlich mehr verdient. Diese sollte das Landesarbeitsgericht ihm zusprechen, nachdem das Arbeitsgericht es bereits abgelehnt hatte.

OP-Maske nicht beschwerlich genug für Zulage

Die Arbeitsgerichte mussten sich mit der Frage beschäftigen, ob eine einfache OP-Maske schon eine „Atemschutzmaske“ ist. Der Kläger meinte, auch solche medizinischen Masken könnten Kopfschmerzen, Schwindel und Müdigkeit auslösen und würden die Arbeit erschweren. Eine OP-Maske sei eine Atemschutzmaske, für die die Zulage angemessen sei.

Die Arbeitsgerichte sind bisher anderer Meinung. Sie wiesen einerseits darauf hin, dass Atemschutzmasken laut Duden dem Schutz des Trägers oder der Trägerin selbst dient. Das sei bei den locker sitzenden OP-Masken nicht der Fall. Hier gehe es eher um den Schutz der anderen vor dem Atem der Träger:innen selbst. Überhaupt sei es nicht besonders erschwert, unter einer OP-Maske zu atmen. Daneben stützt sich das Gericht auch auf den Vergleich mit anderen mehrbezahlten Erschwernissen nach dem Tarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk. Das Tragen eines Schutzanzugs mit Kapuze, Überschuhen, Handschuhen und Brille ist tariflich einen Zuschlag von 5 Prozent wert. Muss gleichzeitig noch eine Filterschutzmaske oder ein luftunterstützendes Beatmungssystem getragen werden, gibt es insgesamt 15 Prozent Zuschlag. Daraus folgert das Gericht, dass für die gewünschten 10 Prozent Zuschlag die Arbeit so beschwerlich wie mit einer Filterschutzmaske oder einem luftunterstützenden Beatmungssystem sein muss. So beschwerlich sei es aber mit einer OP-Maske nicht.

 

Revision zugelassen

Das Landesarbeitsgericht hat es dem Kläger wegen der besonderen Bedeutung der Entscheidung ermöglicht, sein Urteil vor dem höchsten deutschen Arbeitsgericht überprüfen zu lassen. Bis zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts dauert es im Moment allerdings durchschnittlich sieben Monate.

 

Einzelfall immer entscheidend

Das Urteil betrifft einen konkreten Tarifvertrag. Bei Fragen zu anderen Tarifverträgen oder sonstigen Regelungen zum Gebrauch von Mund-Nasen-Schutz oder anderer Schutzausrüstung ist eine individuelle Beratung notwendig.

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.3.2022, Aktenzeichen 2 Sa 31 / 21