Nachvertragliches Wettbewerbsverbot für Geschäftsführer
Worauf Unternehmen und Geschäftsführer achten müssen
Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sorgen immer wieder für Unsicherheiten, insbesondere wenn es um Geschäftsführer geht. Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) wirft erneut Licht auf dieses komplexe Thema. Hierbei zeigt sich: Die Vereinbarung solcher Verbote ist nicht nur juristisch anspruchsvoll, sondern birgt erhebliche Risiken, insbesondere für Geschäftsführer.
Der Sachverhalt
In dem Fall, den der BGH zu entscheiden hatte, ging es um einen langjährigen Geschäftsführer einer GmbH, die mehrere Kur- und Rehabilitationskliniken betreibt. In seinem Anstellungsvertrag war ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot von zwei Jahren festgelegt, mit einer Entschädigung von 50 % seines letzten Gehalts. Bei einem Verstoß gegen dieses Verbot sollte die bereits gezahlte Karenzentschädigung rückwirkend entfallen.
Nach seiner Abberufung und Kündigung nahm der Geschäftsführer eine neue Tätigkeit bei einer Unternehmensberatungsgesellschaft auf. Diese Gesellschaft beriet unter anderem Kliniken und Krankenhäuser – also Kunden, die auch für die GmbH relevant waren. Daraufhin verlangte die GmbH die Rückzahlung von rund 92.000 EUR Karenzentschädigung. Nach einer ersten gerichtlichen Abweisung wurde dem Anspruch in zweiter Instanz teilweise stattgegeben, und schließlich bestätigte der BGH die Rückforderung in voller Höhe.
Die Entscheidung des BGH
Der BGH entschied, dass das Wettbewerbsverbot wirksam war und der Geschäftsführer gegen dieses Verbot verstoßen habe. Er musste daher die bereits gezahlte Karenzentschädigung zurückzahlen.
Bemerkenswert an der Entscheidung ist, dass der BGH nicht nur die Rückforderung der Entschädigung bestätigte, sondern auch darauf hinwies, dass ein Wettbewerbsverbot für Geschäftsführer sogar ohne die Zahlung einer Karenzentschädigung gültig sein kann. Das steht im Widerspruch zu den Regelungen für normale Arbeitnehmer, bei denen ein Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung grundsätzlich unwirksam ist. Dies zeigt, dass Geschäftsführer in arbeitsrechtlichen Fragen anders behandelt werden als Arbeitnehmer.
Zudem stellte der BGH fest, dass die Rückforderung der Karenzentschädigung auch für die Zeiten gerechtfertigt sei, in denen der Geschäftsführer sich noch an das Verbot gehalten hatte – dies entspricht im Wesentlichen einer Vertragsstrafe, was normalerweise kritisch geprüft wird.
Was bedeutet das für die Praxis?
Für Unternehmen und Geschäftsführer bringt dieses Urteil wichtige Erkenntnisse und verdeutlicht, wie anspruchsvoll die Vereinbarung von Wettbewerbsverboten ist:
- Wettbewerbsverbote ohne Karenzentschädigung sind möglich: Geschäftsführer sollten sich bewusst sein, dass sie anders als Arbeitnehmer kein automatisches Recht auf eine Karenzentschädigung haben, wenn sie einem Wettbewerbsverbot unterliegen. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie genau abwägen müssen, ob und in welcher Form sie eine Entschädigung anbieten.
- Vorsicht bei Rückzahlungsvereinbarungen: Die Entscheidung zeigt, dass Rückzahlungsvereinbarungen im Fall eines Verstoßes rechtlich zulässig sein können. Hier sind die Interessen der Vertragsparteien zwangsläufig unterschiedlich und man wird ausgewogene Regelungen finden müssen.
- AGB-Kontrolle bei Geschäftsführern: Auch wenn der BGH in diesem Fall keine AGB-Kontrolle vorgenommen hat, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass vorformulierte Wettbewerbsverbote als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) eingestuft werden. Dies könnte dazu führen, dass solche Klauseln strenger geprüft werden. Das ist gerade für Unternehmen wichtig, die sich später auf die Wirksamkeit der Klausel berufen müssen.
- Weite Auslegung des Wettbewerbsverbots: Im vorliegenden Fall war der Wechsel des Geschäftsführers zu einem Beratungsunternehmen schon als Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot gewertet worden. Das zeigt, dass auch scheinbar entfernte Tätigkeiten unter das Wettbewerbsverbot fallen können. Hier sollten Geschäftsführer die Reichweite solcher Verbote genau prüfen und klar definieren. Für die Unternehmen ist die weite Auslegung natürlich vorteilhaft.
Fazit
Das BGH-Urteil verdeutlicht, dass die Vereinbarung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten für Geschäftsführer ein sensibles Thema ist, das besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Für Unternehmen ist es wichtig, Wettbewerbsverbote so zu gestalten, dass sie rechtlich haltbar und zugleich fair sind. Für Geschäftsführer gilt es, die Risiken eines solchen Verbotes genau zu verstehen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen. Denn im Ernstfall kann ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot teuer werden.
BGH, Urteil vom 23. April 2024 – II ZR 99/22