Maßregelungsverbot
Beschäftigte sind üblicherweise gegenüber ihren Arbeitgeber:innen in einer unterlegenen Position. Das Maßregelungsverbot soll Arbeitnehmer:innen davor schützen, benachteiligt zu werden, wenn sie ihre Rechte gegenüber ihren Arbeitgebr:innen wahrnehmen. Mit diesem Schutz im Hintergrund sollen sie frei entscheiden können, ob sie gegenüber der Arbeitgeberin auf ihren Rechten bestehen.
Unzulässige Sanktionen sind z. B.
– Kündigung wegen Bemühungen, einen Betriebsrat zu gründen
– Sanktionen wegen Teilnahme an einem Streik
– Abmahnung, weil Arbeitnehmer:innen auf ihren Ansprüchen beharren, z.B. beim Urlaub, Gehalt, Überstunden etc.
– Gehaltskürzung oder keine Gehaltserhöhung wegen Elternzeit
Wann gilt das Maßregelungsverbot?
Das Maßregelungsverbot ist in § 612a BGB gesetzlich geregelt. Er ist zwingend. Dass bedeutet, dass Arbeitgeber:innen das Verbot nicht einseitig und auch nicht durch Vereinbarungen mit den Beschäftigten umgehen können.
Das Maßregelungsverbot gilt für alle abhängig Beschäftigten. Dazu gehören Arbeiter:innen, Angestellte, Auszubildende, Volontäre, Praktikanten. Es kommt nicht darauf an, wie viele Stunden pro Woche gearbeitet werden. Auch Teilzeitkräfte, Minijobs etc. sind also geschützt.
Wann werden Rechte in zulässiger Weise ausgeübt?
Das Maßregelungsverbot schützt grundsätzlich nur, wenn die ausgeübten Rechte auch tatsächlich bestehen. Pflichtverletzungen können von Arbeitgeber:innen grundsätzlich durchaus sanktioniert werden. Das Maßregelungsverbot hindert Arbeitgeber:innen also nicht daran, Pflichtverletzungen mit Maßnahmen wie einer Ermahnung, Abmahnung, Kündigung usw. zu ahnden.
Was ist mit Benachteiligungen gemeint?
Grundsätzlich kann jede Schlechterstellung gegenüber dem bisherigen Zustand eine Benachteiligung sein. Auch wenn Arbeitnehmer:innen Vorteile nicht erhalten, kann das eine Benachteiligung darstellen. Das kann zum Beispiel bei Prämien für nichtstreikende Arbeitnehmer:innen der Fall sein. Wenn Arbeitgeber:innen sich an rechtliche Vorgaben aus dem Gesetz, Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung etc. halten, wird keine Benachteiligung vorliegen.
Nicht jede Benachteiligung widerspricht dem Maßregelungsverbot. Arbeitgeber:innen müssen gerade wegen der Rechtsausübung benachteiligen. Bei einer Kündigung muss also ihr wesentliches Motiv die Rechtsausübung sein. Es reicht nicht, dass die Rechtsausübung bloß den äußeren Anlass darstellt, sich aus anderen Gründen für die Maßnahme zu entscheiden.
Wie muss die Maßregelung bewiesen werden?
Arbeitnehmer:innen müssen die Maßregelung grundsätzlich vor Gericht beweisen. Das kann auch mit anwaltlicher Hilfe schwierig sein. Häufig werden Arbeitgeber:innen ja nicht offen über ihre Motive sprechen. Damit das Verbot trotzdem auch in der Praxis funktioniert, kann es reichen, wenn die Maßregelung nach den bewiesenen Umständen typischerweise naheliegt, sogenannter Anscheinsbeweis. Häufig spricht die zeitliche Nähe zwischen Rechtsausübung und der benachteiligenden Maßnahme dafür. Auch in diesem Bereich ist individuelle anwaltliche Beratung sehr zu empfehlen. Die Beweisfrage entscheidet meistens darüber, ob das Maßregelungsverbot erfolgreich durchgesetzt werden kann.
Folgen des Verbots
Alle Maßnahmen, die gegen das Maßregelungsverbot verstoßen, sind nichtig. Das bedeutet, dass aus ihnen keine rechtlichen Nachteile für Arbeitnehmer:innen entstehen.
Eine Kündigung, di egegen das Maßregelungsverbot verstößt, hat beispielsweise keine Folgen für das Arbeitsverhältnis. Arbeitszuweisungen, Anordnungen etc. müssen rechtlich gesehen nicht befolgt werden. Achtung: in diesen Fällen ist es besonders wichtig, sich individuell anwaltlich beraten zu lassen, um keine Fehler zu machen.
Es können auch Schadensersatzansprüche bestehen, z.B. wenn Vorteile vorenthalten werden.