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Massenentlassungsanzeige – Viele Hürden für den Arbeitgeber

Donnerstag, 10.02.2022

Bei der geplanten Entlassung einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern müssen Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen die Anzeigepflichten nach § 17 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) beachten. In einem sehr formellen Verfahren muss der Arbeitgeber hierbei die Bundesagentur für Arbeit und den ggf. vorhandenen Betriebsrat über die geplanten Entlassungen informieren.

Bereits mehrfach in jüngster Zeit hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) eingehend mit den genauen Voraussetzungen für die Erfüllung der Anzeigepflichten nach § 17 KSchG befasst. So spielte im Rahmen der „Air Berlin“-Verfahren eine Rolle, für welche Betriebe eine Massenentlassungsanzeige erforderlich ist und welche Geschäftsstelle der Agentur für Arbeit für die Entgegennahme der Anzeige zuständig ist.

 

Die genaue Einschätzung der Voraussetzungen des Verfahrens nach § 17 KSchG ist auch deshalb so kompliziert, da diese die Umsetzung einer europäischen Richtlinie (Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (MERL)) darstellt. Für die Auslegung der Vorschrift sind daher nicht nur die deutschen Gesetze, sondern auch die europarechtlichen Vorgaben zu beachten. Wie letztere zu verstehen sind, entscheidet im Zweifel der Europäische Gerichtshof (EuGH).

 

Das BAG hat dem EuGH nunmehr eine weitere Frage zum Umfang der Anzeigeverpflichtungen des Arbeitgebers vorgelegt. Diese betrifft die Information der Agentur für Arbeit über das sogenannte Konsultationsverfahren des Arbeitgebers mit dem Betriebsrat. Gemäß § 17 Abs. 2 KSchG muss sich der Arbeitgeber vor der eigentlichen Massenentlassungsanzeige mit dem zuständigen Betriebsrat in Verbindung setzen, um Möglichkeiten zur Vermeidung der Entlassungen zu beraten. § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG sieht vor, dass der Arbeitgeber der Agentur für Arbeit eine Abschrift des Schreibens zukommen lässt, mit dem das Konsultationsverfahren eingeleitet worden ist. Umstritten ist in der Rechtsprechung bislang, ob ein Verstoß des Arbeitgebers gegen diese Unterrichtungspflicht nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG zur Unwirksamkeit der später durchgeführten Entlassungen führt. Das BAG hat daher nun im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahren den EuGH eingebunden, um diese Frage abschließend zu klären.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 27. Januar 2022 – 6 AZR 155/21 (A)