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Behalten Beschäftigte ihren Lohnanspruch, wenn sie wegen Befreiung von der Maskenpflicht nicht arbeiten können?

Donnerstag, 24.02.2022

Der Fall:

Die Arbeitgeberin hatte einen Mitarbeiter dazu aufgefordert, eine Mund-Nasen-Bedeckung anzulegen. Das verweigerte dieser und übersandte dem Betriebsarzt der Beklagten ein „Ärztliches Attest zur Maskenbefreiung“.

Darin wurde die Befreiung von der Maskenpflicht so begründet:
„Nach Anamnese und Untersuchung in meiner Praxis stelle ich hiermit fest: Der o. g. Patient ist wegen einer Grunderkrankung vom Tragen einer mechanischen Mund-Nasen-Bedeckung im Rahmen der Corona-Verordnungen befreit, weil diese für ihn kontraindiziert ist. Es besteht ein Psychotrauma aus der Kindheit im 7. Lebensjahr. Die Maske führt im Rahmen einer PTBS zu Retraumatisierungen.“

Der Mitarbeiter schlug vor, ihn an einem anderen Standort mit Einzelbüro mit Nebeneingang und eigenen sanitären Anlagen zu beschäftigen. Die Arbeitgeberin folgte dem aber nicht und war der Auffassung, dass derzeit kein Arbeitsplatz zur Verfügung stände, auf dem eine Beschäftigung ohne Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung möglich wäre. Sie kündigte an, den Lohn nicht fortzuzahlen. Der Mitarbeiter machte geltend, die Beklagte habe ihm keinen für ihn geeigneten Arbeitsplatz zugewiesen; er hätte in einem Einzelbüro oder vom Home-Office aus tätig werden können.

Anweisung zum Tragen einer Maske rechtmäßig

Das Arbeitsgericht Hamburg sprach dem Kläger zunächst Annahmeverzugslohn zu. Dieses Urteil wurde nun jedoch vom LAG Hamburg aufgehoben.

Die Anweisung der Arbeitgeberin zum Tragen einer Maske sei rechtmäßig gewesen. Die so konkretisierte Arbeitsleistung habe der Kläger der Beklagten nicht nach § 294 BGB angeboten. Die Arbeitgeberin sei nur verpflichtet, dem Arbeitnehmer überhaupt eine Arbeitsmöglichkeit zu eröffnen, den Arbeitsablauf fortlaufend zu planen und die Arbeitsmittel bereitzustellen. Sie sei aber nicht verpflichtet, die bereits durch die Anweisung konkretisierte Arbeitspflicht nach den Wünschen oder Belangen des Arbeitnehmers neu zu bestimmen.
Die Arbeitgeberin ist demnach nicht in Verzug mit der Annahme der Arbeitsleistung geraten. Deshalb hat der Mitarbeiter keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn.

Praxistipp

Arbeitgeber sollten dennoch darauf achten, Mitarbeiter:innen in solchen Fällen nach Möglichkeit eine vertragsgemäße Tätigkeit zuzuweisen. Anderenfalls können sich Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Pflichten aus § 81 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, Nr. 4 und/oder Nr. 5 SGB IX aF bzw. § 164 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, Nr. 4 und/oder Nr. 5 SGB IX begründen. Ein solcher Schadensersatz war in dem beschriebenen Rechtsstreit nicht eingeklagt.

LAG Hamburg, Urteil vom 13. Oktober 2021 – 7 Sa 23/21