Äußerungen in vertraulichem WhatsApp-Chat als Kündigungsgrund?
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat sich mit der Kündigung des technischen Leiters eines gemeinnützigen Vereins im Zusammenhang mit einem privaten WhatsApp-Chat beschäftigt.
Der Kläger hatte sich vor Gericht gegen die Kündigung des Vereins gewehrt. Der Verein setzt sich für geflüchtete Menschen ein. Mitglieder sind unter anderem der dortige Landkreis und verschiedene Städte und Gemeinden. Viele ehrenamtliche Helfer:innen unterstützen die Arbeit des Vereins.
Herabwürdige Äußerungen gegenüber geflüchteten Menschen
Aus einem anderen Kündigungsverfahren wusste der Verein von einem WhatsApp-Chat zwischen dem Kläger und zwei weiteren Mitarbeitenden des Vereins. Im Chat äußerte sich der technische Leiter in menschenverachtender Weise über Geflüchtete und herabwürdigend über die Helfer:innen. Darüber berichteten auch verschiedene Medien. Daraufhin kündigte der Verein dem Kläger.
Vertrauliche Chats sind vom Persönlichkeitsrecht geschützt
Wie das Arbeitsgericht hat auch das Landesarbeitsgericht die Kündigung als unwirksam beurteilt. Zwar durften die öffentlich gewordenen Chat-Verläufe vor Gericht verwertet werden. Dem Kläger konnte jedoch keine ausreichende Pflichtverletzung vorgeworfen werden. Die vertraulichen Äußerungen im Chat seien vom Persönlichkeitsrecht des technischen Leiters gedeckt. Am Chat waren nur drei Mitarbeitende beteiligt und die Äußerungen sollten auch innerhalb der Chat-Gruppe bleiben. Wären die Äußerungen von Anfang an öffentlich gewesen, hätte das Gericht die Kündigung also unter Umständen bestätigt.
Kläger weiter als technischer Leiter geeignet
Nach Auffassung des Gerichts war der Kläger trotz des öffentlich gewordenen Chats weiter geeignet für seine Tätigkeit als technischer Leiter. Dabei stellte es vor allem darauf ab, dass er nicht selbst geflüchtete Menschen betreute. Aus den Äußerungen im Chat allein lasse sich auch nicht herleiten, dass der Mann nicht verfassungstreu genug für den öffentlichen Dienst sei.
Auflösung durch das Gericht trotz unwirksamer Kündigung
Trotz Unwirksamkeit der Kündigung konnte der Kläger nicht durchsetzen, weiter beim Verein beschäftigt zu werden. Auf Antrag des Vereins beendete das Gericht selbst das Arbeitsverhältnis. Dafür musste der Verein eine Abfindung an den Kläger zahlen. Das Gericht hatte diese Möglichkeit ausnahmsweise, weil der Kläger leitender Angestellter war. Der Verein sei nach außen nicht mehr glaubwürdig gegenüber geflüchteten Menschen, wenn der Kläger weiter dort arbeiten würde. Der Verein könne ansonsten auch Probleme bekommen, ehrenamtliche Helfer:innen zu gewinnen.
Revision zugelassen
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Das Bundesarbeitsgericht hat also in diesem Fall das letzte Wort.
LAG, Urteil vom 19.07.2021 – 21 Sa 1291/20